Saudi Arabien 2024/2025
Teil 1: Der Nord-Osten bis Katar
Autoren: Anke und Joachim
Datum: November 2024
Für die Ausreise aus Kuwait und die Einreise nach Saudi-Arabien vergeht gerade mal eine Stunde. Beim Zoll für die Fahrzeugpapiere geht es so zügig, dass einer der Zöllner uns noch schnell zwei Flaschen Wasser ins Auto reichen kann und mit einem „Welcome to Saudi-Arabia“ zum Schalter für die Autoversicherung weiterschickt. Die Grenzanlagen auf beiden Seiten sind sehr groß. Vor den Toren jeweils riesige Parkplätze. Anschließend 10 Spuren zur Abfertigung. Wir rätseln kurz, aber schnell ist uns klar. Wenn die Zeit der Hadj ist, also die Pilgerfahrt nach Mekka, dann fahren viele mit dem Auto nach Mekka und dafür braucht es dann auch die sehr großen Anlagen.
Für uns geht es erst einmal 100 Kilometer auf guten Straßen schnurrgerade aus durch die Wüste in die Stadt Hafar al Batin. Zu unserer großen Überraschung eine Stadt mit 700.000 Einwohnern und einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Platz ist genug und die Stadt daher sehr weitläufig. So brauchen wir doch recht lange bis wir durch sind und das südliche Ende erreichen und wieder in der Wüste weiterfahren. Die Willkommenskultur der Saudis lernen wir gleich an einer Tankstelle kennen. Wir halten an einem für Saudi-Arabien typischen „Drive-thru“-Schalter für Tee und Kaffee. Als wir gerade zahlen wollen, hält eine Auto mit drei jungen Saudis an. Die üblichen Fragen woher, wohin und dann wollen sie unbedingt unseren Tee und Kaffee bezahlen. Natürlich gibt es noch ein Fotoshooting, das machen wir doch gerne.
Da im November gegen 17:00 die Dämmerung einsetzt und um 17:30 die Sonne untergangen ist, suchen wir uns einen Platz mitten in der Wüste, etwas abseits der Autobahn. Wir holen unsere Stühle aus dem Auto, stellen den Tisch auf, knipsen die Tischlampe an und mischen uns ein eiskaltes Radler – ohne Alkohol versteht sich! – und freuen uns, dass wir in Saudi-Arabien angekommen sind. Wir hatten so lange davon gesprochen und sind nun tatsächlich hier!
Unser erstes Ziel ist die Kleinstadt Al Ghat. Eine von ein paar wenigen Städten in der die Jahrhunderte alte Nadj Architektur noch zu sehen ist. In Al-Ghat sind einige Häuser restauriert und vermitteln zwischen den eingefallenen Häusern einen guten Eindruck, wie die Stadt einst ausgesehen hat. Orange-gelbe Lehmziegel bilden die Wände, verputzt mit Lehm und Stroh und in manchen Häusern finden sich auch Dekorationen an den Wänden. Die Abschlüsse der Mauern sind mit weißem Kalk bestrichen, um diese vor Regen zu schützen. Da der Tourismus noch in den Kinderschuhen steckt, sind wir erstaunt, dass schon ein Wanderweg angelegt wurde. Wir folgen dem Weg bergauf und freuen uns über den tollen Blick über die Altstadt und das Wadi mit seinen Dattelpalmen.
Al-Ghat und weitere Nadj-Städte liegen alle im Wadi Hanifa und hatten über Jahrhunderte Bedeutung als Karawanenstützpunkte. Das Wadi Hanifa zieht sich über 600 Kilometer von Riad nach Nordwesten und war Teil der Weihrauchstraße, die letztlich am Mittelmeer endete.
In Ushaiqer begegnen wir beim Erkunden der Altstadt einem Saudi, der lange in den USA gelebt und gearbeitet hat, heute aber in Dammam am Meer lebt und sein Elternhaus besichtigte. Dieses ist leider so zerfallen, dass es nicht mehr zu retten ist. Er nimmt uns mit auf einen Spaziergang durch die Stadt und erzählt aus seiner Kindheit, zeigt uns die Brunnen, erklärt uns die Notwenigkeit von zwei Stadtmauern. Eine äußere Mauer für die Ziegen und Schafe in der Nacht und eine innere Mauer zur Verteidigung gegen räuberische Beduinen, bzw. verfeindete Stämme. Wir laufen weiter durch die Stadt und bekommen mit unserem Führer auch Einblick in die alte Moschee und in die Schule.
Am nächsten Tag machen wir noch einen Stopp in der Nadj-Stadt Shaqra. Hier gibt es einen wunderschönen Palast und ein herrschaftliches Haus zu besichtigen, dass man liebevoll restauriert hat.
Unser erster großer Höhepunkt soll die „Edge of the World“ werden. Eine mehrere hundert Meter senkrecht abfallende Steilwand, die sich über dutzende Kilometer in Nord-Süd Richtung über der Wüste erhebt. In wunderbar warmes Licht versetzt, durch die untergehende Sonne. Da die Felskante nur über Pisten zu erreichen ist und es nicht ganz klar ist, wo sich der Einstieg befindet, beratschlagen wir mit Thea und Nick, mit denen wir uns verabredet haben, an welcher Stelle wir den Pisteneinstieg suchen sollen. Neben uns hält ein Toyota Land Cruiser, drin zwei junge Saudis die fragen, ob wir Hilfe brauchen. Ja! Wir suchen den Pisteneinstieg zur „Edge of the World“. Ein Einfaches „follow me, we show you“ und schon geht es los. Raus aus der kleinen Ortschaft, dann 15 Kilometer auf einer kleinen Asphaltstraße und weitere sieben Kilometer Piste. Wenn man weiß wo der Einstieg ist, ist der weitere Weg dann nicht zu verfehlen, zumal wir dann auch noch ein stattliches Eingangsportal passieren. Als wir ankommen, sind wir die ersten Besucher. Die beiden Saudis verabschieden sich und wir sind alleine hier. Es ist Mittagszeit und so sitzen wir mit ein paar Sandwiches im Schatten des Sprinter. Joachim hält es nicht länger und klettert schon mal zu den Aussichtspunkten entlang der Felskante. Was ein Anblick! Wo ist wohl der beste Platz für den Sonnenuntergang? Langsam neigt sich die Sonne dem Horizont und weitere Touristen kommen zu diesem spektakulären Ort mitten in der Wüste. Es ist Freitag, also der Arbeitsfreie Tag in Saudi-Arabien und kurz vor Sonnenuntergang ist der Platz mit einigen hundert Touristen bevölkert. Für unseren Geschmack dann doch ein paar zu viel. Für die Nacht fahren wir auf eine Nebenpiste und haben dort unsere Ruhe.
Zum Sonnenaufgang erkunden wir zu Fuß einen anderen Teil dieser grandiosen Landschaft. Im Morgenlicht leuchtet das Gestein eher pastellfarben im Vergleich zum rotorangenen Licht des Sonnenuntergangs. Es ist Samstag, erster Arbeitstag der Woche und so haben wir die ganze Gegend für uns alleine.
Auf die Hauptstadt Riad mit ihren sieben Millionen Einwohnern sind wir besonders gespannt. Da wir von Westen her auf die Stadt zufahren, ist unser erster Stopp im Diriyah Viertel, in dem auch das UNESCO Weltkulturerbe Al Turaif liegt liegt. Das Erste was wir erleben, ist eine riesige Baustelle mit bestimmt 70 oder 80 Baukränen. Daneben der schon fertig gebaute Teil des Diriyah Viertels. Einen Parkplatz finden wir erst nach mehrmaligem hin und her kurven. Von den 2.000 freien Tiefgaragenplätzen haben wir nichts, der ULG ist schlicht zu hoch. Die Anlage, die auch dutzende Restaurants umfasst, kann erst betreten werden, wenn eine App installiert ist, alle persönlichen Daten eingegeben und dann ein QR-Code zurückkommt, der dann von einem freundlichen Saudi abgescannt wird. Bis 16:00 ist der Eintritt frei, danach 25€ pro Person, dann allerdings mit Verzehrgutschein. Komische Kombination für eine Weltkulturerbestätte. Seis drum, wir sind drin und machen uns auf den Weg zur Ruinenstadt Al Turaif, überqueren dabei das Wadi Hanifa und werden dann von einem der zahlreichen Aufpasser zum Eingang in die Ruinenstadt geleitet. Wie auch in Ushaiqer, war hier alles im Stil der Nadj Architektur gebaut. Nur hier so penibel und steril restauriert und wieder aufgebaut, dass keinerlei Atmosphäre aufkommt und wir schlicht dem vorgegeben Weg folgen. Die Anlage wurde 1808 von den Osmanen zerstört und erstaunlich dabei, dass sie die Moschee ebenfalls bis auf die Grundmauern zerstörten. Am Ende des Rundgangs am frühen Nachmittag nehmen wir noch Platz in einem Café mit schönem Blick über das mit Palmen bestandene Wadi. Cappuccino und Minztee, macht 15€, ganz schön happig.
Wir beschließen uns einen Platz für die Nacht in der Stadtmitte zu suchen und finden ein ruhiges Plätzchen auf dem Parkplatz des Nationalmuseums. Angekommen stellen wir fest, dass die Museen am Sonntag geschlossen sind, also morgen. Obwohl wir schon so viel gesehen und erlebt haben, beschließen wir das Nationalmuseum zu besuchen. Geöffnet bis 19:00 Uhr. Erfreulich, Eintritt gratis. Leider sind die Teile der Ausstellung geschlossen, die die Geschichte Saudi-Arabiens nach 1900 behandeln, das was uns am meisten interessiert hätte. So wird es ein recht schneller Durchgang.
Der gegenüberliegende Murabba Palast, gebaut zwischen 1936 und 1945, vom Gründer des neuzeitlichen Staates Ibn Saud ist bis 20:00 Uhr geöffnet und auch gratis. Uns faszinieren, im modernen angebauten Teil, die vielen schwarzweiß Fotografien der Jahre 1908 bis zum Tod Ibn Sauds 1953. Der König mit Repräsentanten umliegender Staaten, Stammesführern oder den Kolonialbeamten Großbritanniens, die im Mittleren Osten zu der Zeit mit den Osmanen die militärisch bestimmenden Mächte waren. Zwei beeindruckende Fotografien zeigen Riad 1950 und Ibn Saud mit einer syrischen Delegation 1934.
Der zweistöckige Palast selbst ist gebaut aus Lehmziegeln und Palmenholz und hatte bei seiner Fertigstellung die erste Wasserspülung einer Toilette in Saudi-Arabien. Insgesamt ein eher bescheidenes Anwesen. Was ein Wandel zum Prunk und Protz zwei Generationen später.
Diesem Image wollen wir am folgenden Tag nachgehen und fahren zum Al Safat Platz und der daneben liegenden großen Moschee. Von außen wenig zu sehen, hinein dürfen nur Moslems. Wie der nur arabisch sprechende Wächter erkennt, dass wir keine Moslems sind? Der nüchterne Platz hat allerdings eine spezielle Bedeutung. Hier wurde bis vor wenigen Jahren die Todesstrafe nach dem Freitagsgebet in der Öffentlichkeit mit dem Schwert vollzogen. Schauriges Detail. Der Kopf wird wieder angenäht damit der Hingerichtete nach islamischem Ritus auch bestattet werden kann. Wir wenden uns dann dem Goldsouk zu, der uns allerdings enttäuscht. Wenig Glam und Glitzer. In einer Nebengasse stoßen wir auf Teppichhändler und kommen mit einem ins Gespräch, der besonders schöne Teppiche in der Auslage zeigt. Sie stammen, wie der Händler selbst, aus Afghanistan. Es entwickelt sich ein interessantes Gespräch um den aufkommenden Tourismus in seiner Heimat und die guten Taten der Bundeswehr in Mazar-i-Sharif. Für einen Teppich haben wir keinen Platz, können uns aber vorstellen vor Ort mal einen zu kaufen.
Zum Abschluss unserer Riad Besichtigung fahren wir noch zum Kingdom Tower. Höchstes Gebäude der Stadt mit 308 Metern Höhe. Steht als Solitär etwas verloren in der Gegend. Denkbar, dass kein anderes Gebäude in der Nähe höher sein soll? Im Gebäude selbst: Ein Hotel, eine Shopping Mall und Büros. Also nichts wirklich Aufregendes. Mit dieser Erfahrung entscheiden wir Riad zu verlassen. Uns hat die Hauptstadt eines der reichsten Länder der Erde enttäuscht. Wir konnten nichts besonders Faszinierendes hier finden.
Der weitere Weg nun nach Westen, Richtung persischem Golf und den großen Häfen. Auf der rechten Spur der dreispurigen Autobahn reiht sich ein LKW an den anderen, notwendig um die Einwohner Riads zu versorgen.
Nach 200 Kilometern biegen wir ab, fahren eine einfache Piste in die Wüste hinein und sehen am Horizont schon unser Ziel. Der Judah Daumen. Ein ca. 150 Meter hoher Felsklotz der auf einem Hügel thront und so ganz alleine in der Landschaft steht. Wir stellen den ULG so ab, dass wir den ganzen Tag den Felsen im Blick haben und genug Schatten. Über die Mittagszeit hat es 33 Grad. Durch den ständigen Wind lässt es sich aber gut aushalten. Am Spätnachmittag umrunden wir den Felsen dann zu Fuß und staunen über die schiere Größe wenn man näherkommt. Im Licht des Sonnenuntergangs, mit den langen Schatten, ist er am beeindruckendsten.
Der nächste Morgen beginnt mit stürmischem Wind, der immer stärker wird. Wir packen schnell zusammen, denn der Wind weht schon Sandfahnen über den Boden. Zurück zur Autobahn und bis Al Hofuf den nächsten Ort, den wir uns anschauen wollen, stürmischer Gegenwind. Der Sprinter braucht 50% mehr Diesel, aber bei 30 Eurocent der Liter bleibt der Fuß eben auf dem Gas. In Al Hofuf kommen wir zu einer ungünstigen Zeit an. Die Museen schließen in Kürze und die Läden im Souk öffnen erst gegen 16:00 oder später. Wir sind unschlüssig, haben so viel gesehen und erlebt die letzten Tage, bräuchten jetzt eine Pause. Schön, dass Al Hofuf die größte Oase weltweit ist, mit über einer Millionen Dattelpalmen und so parken wir im Schatten einer dieser Palmen. Kochen uns einen Minztee und lassen die Hitze des Tages an uns vorbeiziehen. Ausgeruhter machen wir nun einen Plan für die nächsten Tage. Am Spätnachmittag besuchen wir noch eine Höhle, die im Bergrücken des Jebel Qarah liegt. Auch hier ist die Präsentation perfekt und für uns steril. Der Weg zur Höhle und in der Höhle gefliest, ein Arbeiter ist mit Besen und Schaufel unterwegs, den Weg auch Staubfrei zu halten. Höhlen begeistern uns grundsätzlich schwer, so ist es auch hier. Ganz nett. Schon wesentlich interessanter sind die verwitterten Randgebiete des Jebel Qarah, mit den von der Erosion geformten Felsen und Schluchten. Zum Sonnenuntergang steigen wir noch etwas den kleinen Berg hinauf und sind zurück bis es dunkel wird. Morgen früh dann eine längere Tour durch das steinerne Labyrinth.
Die Mittagshitze des folgenden Tags verbringen wir im Schatten eines dieser Canyons und fahren dann in die Stadt, um die interessanten Gebäude anzuschauen. Al Hofuf und die ganze Oasenregion ist UNESCO Weltkulturerbestätte. Als erstes ein geschichtsträchtiger Ort, das Al Mulla Haus. Gebaut 1788 von Sheikh Abdul Rahman al Mulla, Gouverneur der Region. Hier hat im Jahr 1913 Ibn Saud auf seinem Eroberungsfeldzug von Kuwait kommend, die hier lebenden Stämme davon überzeugt, dass es mit ihm besser wäre, als weiter unter osmanischer Herrschaft zu leben. Gemeinsam haben sie dann die Osmanen aus der Festung Qasr Ibrahim vertrieben, die wir als nächstes anschauen.
Hohe und zugleich dicke Mauern, nur zwei kleinere Eingänge. Warum der osmanische Sherif unter Abgabe seiner Munition und Kanonen freies Geleit angenommen hat? Wir drehen eine Runde durch die Anlage, die als Fort über eine bemerkenswert große Moschee verfügt. Hier kommt uns die Renovierung entgegen, es gefällt uns und da wir die einzigen Besucher sind, haben wir die Anlage für uns.
Ein paar Straßenzüge weiter liegt der Souk al Qasriyah. Das Eingangsportal wurde aufwändig renoviert und die alten Läden ebenfalls. Es gibt in den vielen Ständen nur Bekleidung und Schuhe zu kaufen. Wo sind die Stände mit Obst, Gemüse, Gewürzen und Haushaltswaren? Im Sommer wird es hier über 50 Grad heiß und das über mehrere Wochen hinweg. Alle Frischwaren werden nur noch im Supermarkt verkauft. Da kommt keine arabische Souk Atmosphäre auf und so gehen wir weiter. Wir laufen durch Nebenstraßen und Hinterhöfe der Stadt zurück zum Parkplatz. Die Wohngebäude mitunter ziemlich runtergekommen und etliche auch nicht mehr bewohnbar. Saudi-Arabien ist eben doch nicht das superreiche Land für alle, in dem alles glänzt. Wir haben genug vom urbanen Leben und freuen uns nun auf ein paar ruhige Tage am Strand.
Bis zum Strand sind es nur ein paar Kilometer und dort finden wir eine kilometerlange Anlage mit Palmen, Grasflächen und fest installierten Pavillons. Wir parken den ULG 25 Meter vom Wasser an einem dieser Pavillons und richten uns ein. Es ist noch früh am Donnerstag, aber wir können schon sehen wie sich das Areal füllt. Die Saudis kommen mit Sack und Pack. Zelte, Grill, Liegematten, Wasserpfeifen, Windschutz, Frischwasserkanister, Spielsachen für die vielen Kinder und was sonst noch so gebraucht wird für einen Tag und eine Nacht am Strand. Das Wasser ist nicht tief und zum Schwimmen leider nicht geeignet. Die Frauen waten mit geschürztem Tschador durchs seichte Wasser und die Kinder plantschen am Rand. Freitag wird es dann richtig voll. Gegen Nachmittag sind wir von drei Seiten umstellt. Wir schauen was die Saudis machen und die Saudis schauen was wir machen. Von unseren Nachbarn werden wir reichlich mit Getränken und Lebensmitteln beschenkt. Diverse Kuchen, Kaffee, Obst, ein komplettes Mittagessen Reis mit Hühnchen, gegrillte Maiskolben und Knabberzeug. Einige sprechen gut English und es ergeben sich nette Gespräche. Wir erfahren, dass es im Sommer so heiß ist und die Kinder monatelang nicht draußen spielen können. In den Monaten November bis Februar dagegen versuchen die Familien so viel Zeit wie möglich im Freien zu verbringen. Deshalb ist der Strand auch am Wochenende in diesen Monaten besonders voll. Alles aber sehr angenehm. Kein Lärm, kein Geschrei, keine Musik. Wie überall auf der Welt gibt es aber auch ein paar Poser, die am Strand auf und ab fahren. Lassen die V8 Motoren aufheulen, aus manchen Autos schalt laute Musik und die Buggys machen ohne Schalldämpfer eh fürchterlich Krach. Am nächsten Morgen sind alle verschwunden, erster Arbeitstag der Woche. Wir haben den Strand fast für uns alleine. Bevor wir aufbrechen hält ein roter VW T-Roc neben uns, den ersten VW überhaupt den wir sehen. Es steigt eine Amerikanerin aus mit ihrem saudischen Verlobten. Wir unterhalten uns lange über unsere Beobachtungen der letzten Wochen. Frauen die alleine ein Auto fahren, seit 2018 möglich. Frauen die alleine in die Öffentlichkeit gehen können ohne männliche Begleitung. Für uns so selbstverständlich, dass es uns eigentlich nicht auffällt. Am Strand sahen wir eine Gruppe Frauen ohne Schleier, die gemeinsam Shisha rauchten. Die Tochter der Amerikanerin möchte in Saudi-Arabien Richterin werden. Alles Veränderungen, die die saudische Gesellschaft in den nächsten Jahren wohl stark prägen wird. Wir erleben im Alltag allerdings eine nach wie vor sehr traditionelle Gesellschaft. Praktisch alle Frauen tragen Tschador und viele auch einen Niqab, den schwarzen Gesichtsschleier. Die jüngeren Frauen lassen unserer Beobachtung nach aber öfter den Niqab weg. Die für uns wichtigste Änderung bei der vom Königshaus vorgegebenen Öffnung der Gesellschaft ist ein 90 Tage Visum und die Tatsache, dass Frauen grundsätzlich keinen Schleier tragen müssen. Bis 2019 war Saudi-Arabien für den Tourismus ein abgeschlossenes Land. Dann kam noch die Covid-19 Pandemie und seit zwei Jahren sind Reisen wieder möglich.
Wir fahren nun vom Strand direkt in die funkelnde Hauptstadt von Katar nach Doha und sind gespannt was uns in diesem Land erwartet.