Sumatra 2023
Autoren: Anke und Joachim
Datum: September 2023
Medan – Hauptstadt der Provinz Sumatra, Indonesien
Von Kuala Lumpur reisen wir nach Medan, Indonesien, in die Hauptstadt der Provinz Sumatra. Wie auf allen Flügen dieser Reise ist das Flugzeug bis auf den letzten Platz besetzt. „Now everybody can fly“ ist der Wahlspruch von Air Asia, der größten Billigfluglinie in Südostasien. Für unsere beiden Tickets mit Gepäck haben wir 75€ bezahlt für den gut eine Stunde dauernden Flug. Die Einreise geht entgegen unserer Erwartung sehr einfach von statten. Visa an einem Schalter gekauft. Mit Euro bezahlt und das Wechselgeld in Rupiah zurück. Kein Anstehen beim Einreise-Beamten, zack zwei Stempel in den Pass und weiter. Wir laufen zum Gepäckband, da kommen schon als erste unsere beiden Taschen. Klasse! Noch beim Zoll vorbei. Joachim hatte das Formular schon online ausgefüllt, den per E-Mail erhaltenen QR-Code scannt der Zöllner, der nickt kurz und somit ist auch der Zoll erledigt. Die Taschen zum Schluss noch durch einen Scanner schieben und schon sind wir fix fertig eingereist. „Selamat Datang“, willkommen in Indonesien. Ein Taxi ist auch gleich gefunden und das alles 35 Minuten nach der Landung. Und wir hatten uns schon auf eine lange andauernde Einreiseprozedur eingestellt.
Der Weg ins Hotel nach Medan führt zunächst über eine mautpflichtige Schnellstraße, vorbei an saftig grün leuchtenden Reisfeldern bis die Schnellstraße schmäler, dann einspurig wird, und wir ins Verkehrsgewühl von Medan eintauchen. Erster Eindruck: In Joachim´s Worten „Dritte Welt Verkehr“. Was das genau heißt später. Für die zwei kommenden Nächte haben wir für Sumatra, wie sich noch rausstellen sollte, ein luxuriöses Hotel gebucht. Da unser Zimmer noch nicht fertig ist, laufen wir in die knapp einen Kilometer entfernte Shopping Mall. Und hier zeigt sich schon der Unterschied zu Malaysia. Groß ist sie auch, allerdings sind die Läden mit eher günstigeren Marken belegt, von denen wir viele gar nicht kennen. Im obersten Stock unser Ziel, der „food court“. Es ist Mittagszeit und die Tische alle gut besetzt. Wir entscheiden uns für vietnamesische Pho Nudel Suppe. Wir werden von vielen Medanern beäugt, entweder recht offen oder etwas verschämt. Kleinkinder schauen uns an, als hätten sie noch nie einen Europäer gesehen. Zurück ins Hotel und den Nachmittag am Pool verbracht.
Am folgenden Tag bringt die Autovermietung unseren Mietwagen. Kurz den Führerschein abfotografiert, die 300 €uro Einwegmiete bar bezahlt, das Auto angeschaut und der Fahrer der das Auto zurückfährt, macht noch ein Selfie mit Joachim, damit er ihn in Padang auch erkennt. Das war`s.
Die Stadt, obwohl mit 2,5 Millionen Einwohnern sehr groß, gibt touristisch nichts her. Der ehemalige Sultanspalast, im Eingangsbereich werden Souvenirs verkauft, in den Seitenflügeln wohnen Menschen. Die Zentralmoschee ist gerade als wir ankommen geschlossen, weil Gebetszeit ist. Also reicht uns ein Blick von außen.
Was uns sehr gefallen hat, war die große chinesische Mansion Tjong A Fie im Peranakan Stil. Dort besonders die vielen historischen Fotografien, der Familienstammbaum mit den vielen ehelichen und unehelichen Kindern und Gebrauchsgegenstände des 21. Jahrhunderts welche sich eine sehr reiche chinesische Familie aus aller Welt hat kommen lassen. Ansonsten ist Medan laut, nach Abgasen stinkend, einfach dreckig, und nachts so gut wie schwarz. Eine Millionenstadt die fast komplett im Dunkeln liegt.
Das Städtchen Bukit Lawang – Nationalpark Gunung Leuser
Der Weg nach Bukit Lawang führt erst mal eine gute Stunde aus Medan und den Vororten heraus. Der Verkehr sieht auf den ersten Blick chaotisch und ohne Regeln aus. Jeder scheint zu fahren wie es ihm passt. Mopeds, Mopedrikschas, Autos, Taxis, Kleinlaster und hin und wieder ein LKW. Und es fährt auch jeder wie es ihm passt, nimmt dabei aber immer Rücksicht auf andere. Hupen ist ein Zeichen der Verständigung. Joachim schätzt diese Art der Verständigung und ist nach wenigen Minuten sehr gut damit vertraut. In den Rückspiegel schaut keiner. Entscheidend ist was vor einem passiert. Von daher: Einmal leicht gehupt heißt für den vorausfahrenden: Achtung ich überhole. Zweimal hupen, ich glaube es wird eng mit dem Gegenverkehr. Wenn es, was sehr selten vorkommt, richtig eng wird mit dem Gegenverkehr kommt die Lichthupe zum Einsatz und der Gegenverkehr bremst ab. Freiwillig Vorfahrt gewähren führt nur zur Verwirrung. Immer eine Lücke im Verkehr füllen. Besser nah auffahren als Abstand lassen. So geht es voran. Schneller als 60km/h fahren wir praktisch nie. Auf unserem Weg nach Bukit Lawang sowieso nicht, da die Straße zum einen sehr schmal ist und zum anderen die hunderten von Schlaglöchern es gar nicht zulassen. Wobei die Schlaglöcher mitunter einen Meter breit und dreißig Zentimeter tief sind. Davor scharf abbremsen, langsam eintauchen und hinten langsam wieder rausfahren. So brauchen wir für 100 Kilometer Strecke gut drei Stunden.
In Bukit Lawang angekommen, werden wir von den Mitarbeitern unseres kleinen Hotels „Jungle Inn“ am vereinbarten Treffpunkt schon erwartet. Am Eingangstorbogen des Ortes steigt einer mit ins Auto und der andere fährt mit dem Mopped voraus. Das „Jungle Inn“ ist nicht mit dem Auto erreichbar. Es liegt als letzte Unterkunft am Ende des Ortes direkt am Fluss. Einzige Transportmöglichkeit dorthin sind Mopeds oder eben zu Fuß. Unser Auto parkt an einem sicheren Ort bei einer Familie, die sich hiermit ihr Geld verdient. Unsere zwei Taschen werden auf ein Mopped gepackt und wir laufen 15 Minuten durch den Ort, entlang einer kleinen Gasse immer am Fluss entlang. Hier am Fluss reihen sich ein Guesthouse, Hotel und Restaurant am anderen, dazwischen kleine Verkaufsbuden. Das „Jungle Inn“ ist eine richtige Oase. Der Blick geht direkt in den Nationalpark-Wald. Nur der Fluss als Trennung. Wir fühlen uns sofort wohl an diesem Ort. Es gibt ein super Restaurant, nur leider kein Bier, aber das hat auch seine Vorteile, denn um 21 Uhr wird das Restaurant geschlossen und alle können in Ruhe schlafen und den Geräuschen des Waldes lauschen. Unseren Sundowner nehmen wir eben in einem der Restaurants in der kleinen Gasse ein.
Da Anke sich in Kuala Lumpur eine Erkältung eingefangen hat und nicht ganz fit ist, verschieben wir unser Tages-Trekking auf den nächsten Tag. Heute genießen wir es einfach mal nichts zu tun, laufen ein wenig im Ort spazieren und am Fluss entlang. Zurück an der Unterkunft entdecken wir am Flussufer einen sehr großen Waran, bestimmt 1,5 Meter lang. Er sonnt sich auf den Steinen. Dann gesellt sich ans Flussufer noch ein einzelner Makake. Lustig wird es als zwei Männer mit Taucherbrille und einem kleinen Otter auftauchen. Der Otter ist 4 Monate alt und die zwei versuchen ihm im Fluss beizubringen, Krebse und Fische zu fangen. Der kleine Otter hat allerdings mehr Spaß daran, den Makaken zu ärgern. Er pirscht sich mehrmals von hinten an den Affen heran und nutzt dabei die großen Flusssteine als Deckung. Und tatsächlich beißt der Otter einmal den Affen in den Schwanz. Der Makake wütend hinter dem Otter her, der schnell im Wasser abgetaucht. Da Affen aber genauso wasserscheu sind wie Katzen, keine Chance auf Revanche.
Am nächsten Morgen geht es dann nach ausgiebigem Frühstück mit Guide und Träger zum Trekking in den Nationalpark. Für die Tagestour hat der Träger Wasser, Obst und unser Nasi Goreng zum Mittagessen dabei. Zusätzlich gibt es vom Hotel noch kleine Thermosflaschen, in dem Anke einen Anti-Flu-Ginger-Tee mitbekommt und Joachim Milch-Tee.
Der Gunung Leuser Nationalpark ist Weltnaturerbe und riesig. Rund 150 km lang und 100 km breit, und zum großen Teil bergig. 11 Berge sind über 2.000 Meter hoch und der Mt. Leuser ist mit 3.119 Meter der höchste im Park. Neben den Orang-Utan leben in diesem riesigen und unzugänglichen Park auch Sumatra-Tiger, Elefanten und das Sumatra-Nashorn. Chancen diese sehen zu können gibt es nur auf tagelangem Trekking tiefer in den Wald. Was die Chancen angeht wilde Orang-Utan anzutreffen sind wir also gespannt, was dieser eine Tag so bringen wird und immer mit dem Motto: „Nichts erwarten!“
Bis ins Jahr 2015 gab es im Park eine Orang-Utan Auswilderungsstation mit Fütterungsplattform. Diese wurde abgebaut und die Guides geschult, damit diese nicht weiterhin Obst auslegen. Das Ziel ist die Orang-Utans mit möglichst wenig menschlichem Kontakt zu konfrontieren. Das klappt so leidlich.
Kurz vor dem Eingang in den Park, in einer kleinen Kautschukplantage, sehen wir eine Familie Thomas-Leaf-Monkeys. Sie sind die einzigen, die die frischen Blätter des Kautschukbaumes fressen und verdauen können. Mit ihren abstehenden Haaren auf dem Kopf sehen sie aus wie kleine Punker. Sie können sich am Boden auch auf die Hinterbeine stellen, sind damit sehr viel größer und können über das hohe Gras zwischen den Kautschukbäumen schauen. Das war schon mal super.
Dann geht es erst so richtig rein in den naturbelassenen Urwald. Es hatte in der Nacht heftigst geregnet, also waren die Wege und Pfade nass, schlammig und rutschig. Egal wir haben ja extra unsere Wanderschuhe mitgenommen. Außer uns sind noch andere Gruppen mit ihren Guides unterwegs und die Guides tauschen sich aus. Nicht weit entfernt soll ein Orang-Utan Weibchen mit Jungtier in einem Baum mit Früchten zu sehen ist. Also rein ins Unterholz und einen Hang rauf und wieder runter und dann steht eine kleine Menschentraube im Wald und schaut nach oben. Wir auch. Tatsächlich zwei Orang-Utan sind zu sehen. Eher zwei orange-braune Fellknäul hoch oben. Denn zwischen den Ästen und Blättern ist wenig zu sehen. Aber mit Fernglas und dem Teleobjektiv können wir ein bisschen mehr sehen. Nachdem uns der Nacken vom nach oben schauen schmerzt, gehen wir weiter.
Ein gutes Stück tiefer in den Wald und wieder rein ins Unterholz. Ein großes altes Orang-Utan Männchen rund 30 Meter vor uns. Als wir nahe genug sind, sehen wir wie er sich gerade ein Nest aus Zweigen baut. Auch hier wenig zu sehen. Der dichte Wald lässt kaum Licht durchdringen und so bleibt der Affe ziemlich im Dunkeln. Trotz allem sind wir glücklich am Vormittag schon so viel gesehen zu haben. Auf einer Lichtung gibt es erst einmal eine Stärkung mit Obst und eine kleine Verschnaufpause.
Danach weiter durch den Wald, den Schreien von Gibbons nach, aber da hatten wir kein Glück. Dafür aber ein muskulöser, doch recht großer „Pig tailed monkey“ kreuzt selbstbewusst unseren Weg. Er würdigt uns kaum eines Blickes und macht so klar er ist hier der Boss. Wir sind insgesamt gut fünf Stunden durch den Wald gelaufen, haben viel über diesen gelernt, viel gesehen und noch viel mehr nur gehört. Aber das wussten wir ja schon von unseren letzten Dschungel Touren in Borneo und Malaysia.
Der Weg zurück zum Hotel führt über den Fluss. Aber nicht in einem Kajak oder Boot, sondern ein Rafting auf LKW-Schläuchen. Für unsere kleine Gruppe wurden vier große Schläuche hintereinander zusammengebunden. Damit man nicht durchrutscht, gibt es ein grobes Netz, auf das eine Gummimatte gelegt wird. Um aber erst einmal zum Fluss zu gelangen, mussten wir einen sehr steilen Pfad hinunterklettern. Teilweise wurden Seile an die Bäume gebunden, teilweise mussten wir die Lianen zum Festhalten nehmen. Schnell stellt man fest, welche hält und welche nicht. Sicher und total nass geschwitzt kommen wir am Flussufer an. Unser Rucksack mit Kamera und Schuhen wird in einen wasserdichten Sack verpackt. Also Platz genommen im LKW-Schlauch und los geht`s. Uns war schon klar, wenn man den Fluss anschaut, dass wir nach der ersten Stromschnelle klatschnass sein werden. So war es dann auch. Ein toller Abschluss, der auch richtig Spaß gemacht hat. Die Flussfahrt endet direkt am Ufer vom „Jungle Inn“. Glücklich und zufrieden unter die Dusche und danach einen heißen Tee genießen. Was für ein toller Tag!
Berastagi – Vulkanbesteigung
Unser nächstes Ziel ist der Vulkan Gunung Sibayak. Leider müssen wir einen Gutteil der Schlaglochstrecke wieder zurück fahren bis unsere Abzweigung nach Süden kommt. Die Straße ist etwas besser in Schuss, dafür deutlich schmäler und wenn aus der Gegenrichtung Kleinlaster oder Reisebusse kommen, die keineswegs abbremsen, wird es immer recht eng. An dieses knappe aneinander vorbeifahren werden wir uns auf der gesamten Strecke nicht gewöhnen. Aber klappt!
Langsam verlassen wir das Tiefland und die Straße steigt gemächlich an bis wir auf knapp 2.000 Meter einen Pass auf einem Plateau überqueren. Der ursprüngliche Wald ist seit einigen Jahren gerodet. Die Menschen die sich hier angesiedelt haben, leben in einfachen Holzhäusern und pflanzen Gemüse und Kaffee. Den im Westen so hochgeschätzten und teuren Sumatra Kaffee. Dass für die steigende Nachfrage auch Wald gerodet wird, ist bei uns allerdings kein Thema, welches mit dem Umweltschutzgedanken in Verbindung steht. In jedem Fall können die Menschen auf einfachstem Niveau hier ihr Auskommen bestreiten. Auf dem weiteren Weg kommt der Vulkan Gunung Sinabung (2450m) in Sicht. Dieser ist 2021 das letzte Mal ausgebrochen und die Spuren sind in der Landschaft noch zu sehen. Dieser Vulkan ist für den Tourismus gesperrt, denn er brodelt immer.
Auf unserem ganzen Weg in den Süden stehen Kirchen am Wegesrand. Die lokale Bevölkerung ist durchgängig christlich und davon die allermeisten katholisch. Am Spätnachmittag kommen wir in Berastagi, einer Provinzstadt mit 50.000 Einwohnern an. Wie in Medan, laut, nach Abgasen stinkend, recht dreckig und wenig attraktiv. Auch hier sind 2/3 der Bevölkerung Christen. Umso mehr überrascht uns am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang der irrsinnig laute Ruf des Muezzins von der gegenüberliegenden Moschee. Weiterschlafen unmöglich. Nach 15 Minuten ist dann genug gerufen zum Gebet und wir dösen weiter.
Unser Ziel für den Tag ist die Besteigung des 2094 Meter hohen Vulkans Gunung Sibayak. Weil in der Vergangenheit ein paar Touristen sich verlaufen haben, wird hier ein großes Thema daraus gemacht, man soll doch bitte mit einem Führer aufsteigen. Wir glauben die Schauermärchen nicht und haben zu viele Berichte im Internet gelesen, dass man den Weg auf den Vulkan sehr gut selbst finden kann. Bestätigt wurden wir dann auch noch von unserem Gastgeber im Homestay. Zunächst fahren wir mit dem Auto bis auf einen Parkplatz der noch im Dschungel liegt. Dann geht es rund eine Stunde durch abwechslungsreiche Vegetation auf einem breit ausgetreten Pfad nach oben. Wer soll sich hier verlaufen fragen wir uns. Als wir an die Vegetationsgrenze kommen, ziehen Wolken auf, die in Fetzen über uns hinwegziehen. Es richt immer stärker nach Schwefel, je höher wir kommen. Und wir hören ein lautes Pfeifen, das lauter wird je höher wir aufsteigen. Als die Wolken vom Wind komplett weggeblasen werden, sehen wir wo dieser Ton herkommt, der mittlerweile wie eine Schneekanone aus 20 Meter Entfernung klingt. Es sind kleine Erdspalten, aus dem schwefelhaltiger Wasserdampf schießt. Mittlerweile sind wir näher an den Spalten und es riecht auch ziemlich unangenehm nach Schwefel, der wie wir jetzt sehen können, sich um die Spalten herum auch ablagert. Der Wind bleibt uns erhalten und leider auch die Wolken. Wir gehen trotzdem zum höchsten Punkt weiter, von dem aus bei klarer Sicht das ganze riesige Plateau zu sehen wäre. Wir machen hier ein bisschen Pause, in der vagen Hoffnung die Wolken würden wegziehen. Tun sie leider nicht. Die wassergefüllte Caldera ist gut zu sehen von hier und auch zwei größere Erdspalten auf der gegenüberliegenden Seite. Das Pfeifen und Zischen können wir bis hierher hören. Beeindruckend die Mischung Wind, Wolken und diesem Geräusch. Für den Aufstieg haben wir gut zwei Stunden benötigt und so machen wir uns an den Abstieg der deutlich schneller geht.
Der Ort Berastagi bietet neben den durchdringenden Muezzin Rufen auch noch eine stattliche katholische Kirche, die im Batak Stil erbaut ist. Die Batak sind das Volk welches in diesem Teil Sumatras lebt. Eine eigene Sprache spricht und dazu noch eine eigene Schrift nutzt. Am Sonntagvormittag war die Kirche zum Gottesdienst bis auf den letzten Platz gefüllt. Was uns allerdings sehr verwundert hat, war ein buddhistische Tempel im burmesischen Stil. 2010 eingeweiht und eine 1:1 Kopie der Shwedagong Pagode in Yangon, Burma und mit 50 Metern Höhe auch stattlich hoch. Gestiftet hat sie wohl ein Privatmann über den wir allerdings nicht viel in Erfahrung bringen konnten. Was uns verwundert hat, es leben praktisch keine Buddhisten in Sumatra. Am Spätnachmittag war sie aber so schön goldglänzend wunderbar anzuschauen.
Der Lake Toba | das Volk der Batak
Der nächste Fahrtag durch Sumatra geht zum Glück über deutlich bessere Straßen. Breiter, sodass zwei Autos gut aneinander vorbeikommen und kaum noch Schlaglöcher. Trotzdem müssen wir aufmerksam fahren und so kommen wir nach gut 6 Stunden Fahrt, was nur rund 200 Kilometern entspricht, am Lake Toba an. Dieser See ist der größte Vulkansee weltweit, 100 Kilometer lang und 30 Kilometer breit. Es muss ein mega Vulkan Ausbruch gewesen sein, der diesen See hat entstehen lassen. Der Ausbruch war vor ungefähr 74.000 Jahren und die Asche findet sich fast weltweit verteilt, bis Grönland und Südafrika. Inmitten dieses Sees befindet sich eine Insel, etwa so groß wie Singapur und diese ist unser Ziel für heute.
Wir haben Glück als wir den Fährhafen erreichen, denn wir können noch ein Ticket für die nächste Überfahrt kaufen. Und zudem gleich noch auf die kleine Fähre fahren und müssen so nicht warten. Die Überfahrt dauert eine halbe Stunde und mitten auf diesem Teil des Sees wird die Dimension des Sees und der Insel deutlich. Riesig, nicht zu überblicken, nur der Kraterrand am Horizont vermittelt die Ausdehnung.
Unsere Unterkunft Toba Sunset für die nächsten Tage ist ein Homestay, das heißt mit Familienanschluss. Ein kleiner Bungalow, neu gebaut, dazu eine große Terrasse mit ungetrübtem Blick zum See. Herrlich. Hier können wir es aushalten und ein paar ruhige Tage verbringen und die frische Luft und die angenehmen Temperaturen genießen. Der See liegt knapp 1.000 Meter hoch.
Unsere Gastgeberin super nett und sprach im Gegensatz zu vielen Sumatraern ganz gut English, so dass wir auch mal einen kurzen Schwatz halten konnten. Sie erzählte uns, dass sie drei Jahre in einer Fabrik für Handy-Vibratoren auf einer anderen indonesischen Insel gearbeitet hat. Dann hatte sie genug Geld für ihre Hochzeit zusammen. 200 Gäste musste sie bewirten. Sie erzählte uns, dass die alten Traditionen des Batak Volkes das Leben manchmal nicht leicht machen. Nach der Hochzeit nicht schwanger zu werden, geht gar nicht, keinen Schmuck zu tragen auch nicht. Sie meinte, dem Sinn nach, man steht immer unter Beobachtung. Dass wir schon so „alt“ sind und so lange verheiratet und keine Kinder haben, wurde von ihr zum einen mit überraschendem, bewunderndem, aber auch fragendem, bemitleidendem Blick zur Kenntnis genommen.
Die Insel ist geprägt von der üppigen Vegetation und dem Bergrücken der die Insel teilt. Interessant sind aber vor allem die kleinen Dörfer der Batak und was diese Dörfer attraktiv macht sind die traditionellen Häuser. Komplett aus Holz errichtet, mit an den schmalen Seiten spitz zu laufenden Satteldächern. Dazu dann an der Front mit farbigen Schnitzereien verziert. Die Häuser sind in drei Ebenen unterteilt. Der untere Teil symbolisiert die Unterwelt, eher das Schmutzige, Dunkle und Unheimliche. Hier wird alles Mögliche und Unmögliche deponiert und manchmal ist es auch der Schweinestall, denn die Batak sind Christen, fast ausschließlich katholisch. Im Mittleren Teil wird gewohnt, hinein kommt man über eine Treppe und eine kleine Tür an der Front. Der obere Teil, das ausladende Dach ist dann der Sitz der Ahnen. Manchmal reich verziert und hin und wieder mit Wasserbüffel-Hörnern versehen. Als Farben wird verwendet: Weiß, Schwarz und Rot. Symbolisch für Himmel, Hölle und Erde. Die Häuser stehen mitunter einzeln in Reisfeldern oder sie stehen in Gruppen von 6-8 Häusern zusammen. Entweder in Reihe oder einander gegenüber. Einziger Hinweis auf die Moderne ist die Satellitenschüssel und die Hausnummer.
Die Kultur des Volks der Batak
Zu Beginn unsere Reise durch das Land der Batak in Zentralsumatra sehen wie statt Moscheen jede Menge Kirchen und wir fragen uns, wie es zur Christianisierung wohl kam. Da jeweils im Norden und Süden der Islam die seit Jahrhunderten vorherrschende Religion ist. Viel zu lesen über das wann und wie gibt es nicht. Was einen Wechsel der traditionellen Religion hin zum Christentum wohl erleichtert hat ist, war der Glaube an drei Gottheiten. Himmel, Erde und Luft. Das lässt sich gut mit der christlichen Dreifaltigkeit in Einklang bringen. Dazu kommt, dass die Batak ein kriegerisches Volk waren, mit der Tradition der Kopfjagd bei anderen Stämmen. Das hat wohl die islamischen Stämme von einer Missionierung hin zum Islam abgehalten. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Vordringen der Holländer ins Landesinnere von Sumatra haben die Batak die Kopfjagd und den dazugehörenden Kannibalismus aufgegeben. Die Erinnerungskultur für die Toten ist eine Mischung aus Batak Brauchtum und Christentum. Überall finden sich Grabstätten jeglicher Größe und Ausführung, dazu an den unterschiedlichsten Stellen. In den Reisfeldern, direkt neben den Häusern oder einfach mitten in der Landschaft. Sie sind bunt, gefliest, verputzt, bemalt aber immer mit einem kleinen traditionellen Haus an der höchsten Stelle und einem oder mehreren Kreuzen versehen.
Die Stadt Bukittinggi | Reisfelder – Reisfelder
Nach zwei langen Fahrtagen weiter in den Süden Sumatras erreichen wir die Stadt Bukittinggi. Die Fahrt mitunter mühsam, nie schneller als 60 km/h, der Verkehr lässt gar nichts anderes zu und ständig mit allen Sinnen beim Fahren. Die Landkarte verzeichnet zwar die Straße als den „Trans-Sumatra-Highway“, aber mehr als zwei Spuren hat er nie. Was uns hier auffällt, es stehen nun wieder Moscheen in den Dörfern und Kleinstädten. Wir sind in Westsumatra angekommen. Mitunter stehen die Moscheen nur wenige hundert Meter auseinander. Dazu noch die vielen Neubauten von Moscheen. Vor denen stehen oft Menschen auf der Straße die den Verkehr etwas bremsen, einen Kescher oder Karton in der Hand halten und Spenden für den Weiterbau der Moschee sammeln wollen. Manchmal mit sehr fordernder Gestik.
Unser super schöne Padi Ecolodge Lodge steht inmitten der Reisfelder, am Rande der Stadt. Das Auto parkt an der Straße und wir müssen über einen kleinen Weg zur Lodge durch die Reisfelder laufen. Die Häuser sind im Stile der hier lebenden Minangkabau gebaut. Die Dächer haben mehrere nach oben geschwungene Spitzen. Nach einem langen Fahrtag ist das Eintauchen in so ein ruhiges Umfeld wohltuend. Dann noch eine Tasse Tee und das Abenteuer Landstraße rückt in den Hintergrund.
Wie so oft werden wir bei Ankunft gefragt, wo denn unser Fahrer sei. Anke verweist dann auf Joachim: „This is my driver!“ Auch die Frage nach dem tour guide erledigt sich. „This is Anke my tour guide“. Als Reaktion Kopfschütteln und Lachen der Fahrer anderer Touristen. Sie können es kaum glauben, dass sich nicht Einheimische in Sumatra ins Verkehrsgetümmel stürzen. Wenn wir dann noch von unserem speziellen Doping berichten, haben wir weitere Lacher auf unserer Seite. Kopi Susu, Teh Asli und hatti-hatti. Schwarzer Kaffee und fingerbreit Kondensmilch unten im Glas für Joachim, ungesüßter schwarzer Tee für Anke und langsam-langsam. An diese Reaktionen haben wir uns mittlerweile aber gewöhnt.
Die Stadt Bukittinggi gibt touristisch so viel nicht her. Schön ist hier die Landschaft. Die Reisfelder, mal leuchtend Grün, dann gerade abgeerntet oder frisch gepflanzt. Reis wird das ganze Jahr über geerntet und liegt dann zum Trocknen oft an den Straßenrändern in der Sonne. Dazu dann noch die Kokospalmen die die Felder umstehen und der blaue Himmel. An manchen Stellen in den Tälern kommen noch hoch aufragende tropisch bewachsene Kalksteinfelsen dazu. Eine Landschaft an der wir uns kaum satt sehen können und die wir auf den allerkleinsten Straßen mit kaum Verkehr erkunden. In den Dörfern dann die typischen Häuser der Minangkabau. Diese Ethnie ist matrilinear organisiert, d.h. die Reisfelder werden an die Töchter vererbt, sehr interessant. Die Frauen sollen sehr dominant sein, was wir noch erfahren.
In Bukittinggi selbst gehen wir über den Hauptplatz vorbei zum Wahrzeichen der Stadt dem Glockenturm – Jam Gadang – zum Markt. Der Glockenturm ist ein Geschenk der holländischen Königin Wilhelmina und wurde 1926 während der holländischen Kolonialzeit errichtet. Der städtische Markt ist riesig, unterteilt in die typischen Abteilungen Lebensmittel, Haushaltsgeräte, Kleidung. Anke interessiert am meisten der Teil mit Gemüse, Obst und der sogenannte „wet-market“. Hier werden Fisch und Fleisch verkauft. Die Geflügelabteilung ist nichts für zarte Besaitete, hier wird das Huhn aus einem Drahtkäfig gezogen und dann vor den Augen des Käufers frisch geschlachtet und gerupft. Die Innereien werden achtlos mit dem Hackbeil auf die schon am Boden liegenden Innereien geschoben. Die Fliegen müssen nur kurz aufsteigen und setzten sich dann auch gleich wieder.
Bei einer Tasse Tee an einem der Essenstände am Rand des Markts wollen wir eine Pause machen. Wir werden von einigen Frauen mit ausladenden Gesten herbei gewunken wir sollen uns zu ihnen setzten. Kaum haben wir Platz genommen werden wir schon mit Fragen bombardiert. Blöd nur dass die Frauen gar kein Englisch sprechen. Trotzdem will jede ihre Frage an uns richten. Eine durchaus stämmige Frau im Hintergrund lächelt, zieht an ihrer Zigarette, pustet den Rauch in Joachims Richtung und lässt auf Deutsch ein „ich liebe dich“ vom Stapel. Das muss dann wie die anderen Fragen auch mit dem Handy übersetzt werden und mündet in: „oh“ – „hihi“ – „hah“ und Augenrollen. Zum Teetrinken kommen wir eigentlich nicht. Als die Unterhaltung etwas holpert schauen wir uns kurz an, stehen auf und wünschen den Damen noch einen schönen Tag. Für uns endet der Überfall damit.
Die Stadt Padang | Tage am Meer
Unser letzter Fahrtag bricht an und auf dem Weg zu unserem Endziel Padang, wo wir den Mietwagen zurückgeben, wollen wir noch den historischen Sultanspalast Istano Basa Pagaruyung in Batusangkar besichtigen. Ein für hiesige Verhältnisse riesiges dreistöckiges Holzgebäude. Der Palast steht auf einem kleinen Hügel, ohne irgendeine militärische Befestigung, wie Mauern oder Türme. Uns fasziniert vor allem die Form des Spitzdaches. Dazu die Wände komplett mit Schnitzereien und Bemalung versehen. Sehr imposant. Der ausladende Innenraum ist mit Stoffen und Matten ausstaffiert, um einen Eindruck zu vermitteln wie der Sultan wohl mal gelebt haben mochte. Im hinteren Teil des Geländes das Gebäude für die Frauen des Sultans. Gleicher Stil aber deutlich kleiner. Und hier zeigt sich zum wiederholten Mal, was uns in Sumatra so verwundert. Unsere Formel dafür: Aufbruch und Abbruch. Der Sultanspalast schön, gut in Schuss, sauber und dahinter verrottet das andere Gebäude. Gras wächst überall, das Dach zum Teil eingefallen. Auch, aber nicht nur am Lake Toba hatten wir dieses Muster schon gesehen. Neue Hotels werden gebaut, neben verlassenen Anlagen die dem tropischen Verfall preisgeben sind. Es scheint uns, als würden die Zukunftsaussichten höchst unterschiedlich gesehen.
Nach Padang sind es nur noch 50 Kilometer, aber die haben es in sich. Ganz zu unserer Verwunderung nimmt der Schwerlastverkehr zu. Was wollen die alle auf einmal hier? Dazu geht es noch über die Berge. Die LKW sind schwer beladen und quälen sich im ersten Gang die steilen Rampen hinauf. Die gut motorisierten Autos setzen alles daran sich daran vorbei zu quetschen, und wir machen es auch so. Dazu noch unzählige Mopeds die wie die Fische im Verkehr mitschwimmen und sobald sich eine Lücke auftut auch schon am Überholen sind. Dazu die riesigen Diesel Ruß Schwaden, die lange in der Luft hängen. Auch bergab geht es in steilen Serpentinen und bergab haben die LKW mit den heißen Bremsen zu kämpfen. Die Motorbremse allein scheint zu schwach. Wir sehen zwei LKW die sich nur noch in den Graben retten konnten um abzubremsen. Das führt sofort zu einem dutzenden Fahrzeug umfassenden Stau in beide Richtungen. Und alle drängeln. Irgendwann sind wir in der Ebene angekommen und die LKW biegen ab. Und hier ist auch das Rätsel nach ihrer schweren Fracht gelöst. Steinkohle haben sie geladen, um ein Kraftwerk zu beliefern.
In Padang am Treffpunkt zur Mietwagenrückgabe angekommen ist der Fahrer auch schon da, was uns freut. Sein einziger Kommentar: „Oh, no accident“. Das wars dann und weg war er. Kurz darauf kommt das Taxi welches uns gut eine Stunde nach Süden ans Meer fährt. Dort wartet schon das Boot, daß uns weitere 20 min. in die Sumatra Eco Lodge schippert. Der Name der Unterkunft hat nichts, aber auch gar nichts mit Luxus zu tun, der im Namen Sumatra Eco Lodge mitschwingt. Aber das wussten wir, als wir uns entschieden hierher zu kommen. Ein Strand, kleine Hütten, das wars. Die Hütten super einfach und ein bisschen verlottert, ein sauberes Bett mit Moskitonetz. Regenwasser zur Dusche und eine Hocktoilette im Freien, dahinter geht der Junge los. 12 Volt Licht am Abend und das Essen wird vom Festland per Schiff gebracht. Simpel, meist auch schmackhaft und den Umständen entsprechend kalt, aber jeden Mittag und Abend eine Überraschung. So genießen wir drei Tage mit relaxt in der Hängematte liegen, Buch lesen, mit anderen Reisenden schwatzen und schnorcheln. Tropische Fische sehen wir genug, aber leider ist das dem Strand vorgelagerte Riff ziemlich kaputt und fast alle Korallen entweder abgebrochen oder tot. Da hinter den Hütten der Regenwald beginnt liegt Tag und Nacht das Gezirpe der Zikaden in der Luft. Manche produzieren einen derart hohen metallischen und lauten Klang, dass es fast in den Ohren schmerzt. Die Türen der Hütte müssen wir immer gut schließen. Makaken und Eichhörnchen schleichen den ganzen Tag herum. Auf der Suche, ob sich irgendwo etwa Fressbares oder irgendwie Interessantes findet. So vergehen die drei Tage und am Nachmittag warten wir auf das Boot das uns zurückbringen soll. Da Ebbe und Flut hier stark ausfallen, lässt sich nicht genau sagen, wann das Wasser hoch genug ist, damit das Boot über die Riffkante zum Stand fahren kann. Ilhan der Bootsmann taucht dann am Horizont auf, wir waten durchs Wasser ihm entgegen, er dreht das Boot sodass wir einsteigen können. Der Außenborder blubbert noch, Ilhan rastet den Motor ein und langsam lassen wir Strand und Riff hinter uns. Vorbei an den eigentümlichen Fischerbooten ganz aus Holz, hängen wir während der halben Stunde Fahrt unseren Gedanken nach. Was war, was wird in den wenigen verbleibenden Tagen noch kommt, bis wir von Singapore aus nach Hause fliegen.