Etappe 1: Anfahrt, Fähre Tarifa – Tanger, Tetouan und Chefchauen
Autoren: Anke + Joachim
März 2023
Die Anfahrt bis an den südlichsten Zipfel von Spanien war lang, unterbrochen durch ein Treffen mit Freunden an der Costa Brava am Strand. Der Weg führte durch Weinregionen, Obstplantagen über viele Kilometer, deren Bäume gerade anfingen zu blühen. Die Landschaft knochentrocken. Wir haben uns gefragt, wie das alles auf diesem trockenen kargen Boden wächst und vor allem wer dann die Pfirsiche, Aprikosen und Mandeln erntet, wenn es soweit ist. Die Sierra Nevada in Andalusien war mit frischem Schnee bedeckt. Je südlicher wir kamen, desto schlechter wurde dann das Wetter. In Algeciras begann der Regen und in Tarifa stürmte und es schüttete wie aus Kübeln. Es sollte die kürzeste Überfahrt sein, denn wir sind beide nicht sehr seetauglich. Wir kauften unser Ticket für die Fähre nach Tanger und suchten uns einen Stellplatz. Am Strand bei den Kitesurfern war es uns zu stürmisch, also suchten wir uns einen ruhigeren Platz im kleinen Gewerbegebiet in Tarifa. Am nächsten Morgen um 8:15 Uhr war Einschiffung. Ausreise aus der EU und um 9:00 Uhr ging die Fähre pünktlich ab. Zum Glück hatte der Sturm nachgelassen, mit einem Reisekaugummi waren die 45 Minuten Überfahrt für uns o.k. Auf dem Schiff konnten wir schon die Einreiseformalitäten nach Marokko erledigen. In Tanger dann mussten wir noch zum Zoll. Da auf der Fähre aber nur vier nicht-marokkanische Autos waren, ging alles relativ schnell. Ein Drogenhund wurde ums Auto geführt, ein Zollbeamter inspizierte das Innere. Dann noch eine Frage nach Drohne und Waffen und wir konnten nach Marokko einfahren. Die sechs angegebenen Flaschen Wein wurden durchgewunken.
Tanger empfing uns im strömenden Regen und völlig von Nebel verhangen. Der erste Weg dann zum Camping Miramonte in Tanger, die steile Auffahrt auf der nassen Straße war für unseren ULG kein Problem. Nach einem zweiten Frühstück ging es mit Schirm und Regenjacke zur Stadtbesichtigung. In der Medina fanden sich schnell diverse Wechselstuben und mit den ersten Dirham kauften wir uns erst einmal einen Minztee. BIENVENUE AU MAROC! Der Souk hat uns gleich in seinen Bann gezogen. Obst, Gemüse, Gewürze, alles frisch aus den Gärten der Umgebung. In der Fleischabteilung wurden die Rinderhälften zerteilt und direkt verkauft. Der anschließende Fischmarkt mit allem was der Atlantik zu bieten hat. Die Fische wunderschön drapiert, dazu in allen Größen: Doraden, Seezungen, Thunfisch, Schwertfisch, Hai und vieles mehr. Wir entschieden uns für Schwertfisch, denn der Regen hatte aufgehört und wir konnten draußen auf dem Campingplatz grillen.
Der nächste Tag, die Sonne kämpfte sich durch die Wolken, führte uns über Tetouan nach Chefchauen. Tetouan ist seit 1997 Weltkulturerbe und hat eine sehr authentische Altstadt, mit wenigen Touristenläden. Dafür wuselte es in den kleinen Gassen. Joachim musste am ersten Stand sich erst einmal etwas Süßes kaufen. Der Souk war auch hier sehenswert. Gassen mit vielen Handwerkern, Metall, Holz, Leder. Es waren wenige Touristen unterwegs, deshalb haben sich gefühlt alle Führer an uns gewandt. Aber mit einer direkten bestimmten Ansage, wurden wir alleine gelassen.
Die Fahrt am Rande des Rif-Gebirges nach Chefchauen war wunderschön. Durch den vielen Regen der letzten Tage war alles grün und es blühten die Wiesen. Bei unserem Picknickplatz unterwegs kamen zwei Kinder und schenkten uns einen Salat, wir bedankten uns mit vier frisch gekauften riesigen Erdbeeren. Tauschgeschäfte sind immer besser als Bettelei. Chefchauen liegt steil am Hang und der Campinglatz Alizan noch höher über der Stadt. Wir suchen uns einen schönen Platz unter Kiefern und beschließen den Tag mit dem guten Gefühl nun richtig in Marokko angekommen zu sein.
Am nächsten Morgen besuchen wir Chefchauen. Vom Camping führt ein stufiger steiler Weg hinunter in die Stadt. Die ersten blauen Häuser erscheinen und es sollten noch mehr werden. Nicht umsonst wird Chefchauen die „blaue Stadt“ genannt. Der Sage nach soll irgendwann mal jemand angefangen haben die Häuser blau zu streichen, anstatt weiß, wie in all den anderen Orten. Die blaue Farbe soll die Moskitos fernhalten. Ob das wirklich stimmt? Der Ort ist wirklich anderes und mit all den touristischen Geschäften, den gewebten Teppichen an den Wänden, den bunten Keramiken und den Berbermänteln, einfach schön anzuschauen. Wir schlendern durch die Gassen, lassen uns treiben. Auf dem Markt kaufen wir Gemüse, marokkanischen Frischkäse und Brot. Dann lassen wir uns mit dem Taxi zurück zum Camping fahren und organisieren die nächsten Tage.
Etappe 2: Rif-Gebirge, Königsstädte Fes und Meknes, römisches Volubilis und die Berberaffen im Zedernwald von Ifrane
Die Fahrt durch das Rif-Gebirge war wunderschön. Allerdings haben wir kaum angehalten und schon gar keinen Tee in einem Cafe am Straßenrand getrunken, da wir uns doch nicht so ganz wohl fühlten. Die typische Handbewegung die uns überall entgegengestreckt wurde, war der gespreizte Zeige- und Mittelfinger als V. Dies sollte aber nicht das Zeichen für Victory sein, wie im Rest der Welt, sondern für die Möglichkeit an Ort und Stelle Haschisch kaufen zu können, also das Zeichen für einen Joint. Gefühlt hatte jeder am Straßenrand Haschisch zum Kauf in der Hosentasche. Einmal hat ein Autofahrer uns versucht auszubremsen, Joachim hat ihn aber mit Hupen und Vollgas „veräppelt“ und dann war klar, dass wir nichts kaufen wollten.
Fes ist eine Millionenstadt und der Campingplatz etwas außerhalb. Wir staunten mal wieder nicht schlecht über die vielen Wohnmobile. Zwei Gruppen von jeweils 12 bis 15 waren unterwegs, diesmal Holländer und Italiener. Wir haben noch einen Platz am Rand gefunden und hatten unsere Ruhe. Am nächsten Morgen hatten wir erst etwas Probleme ein Petit Taxis zu ergatterm das uns in die Altstadt fahren sollte. Aber als wir dann die richtige Straßenkreuzung gefunden hatten, fand sich auch ein Taxi. Am Bab Boujeloud begann dann unsere Tour durch die Medina von Fes. Es waren sehr viele Touristen unterwegs, viele Tourgruppen, auch die Asiaten reisen wieder. Die Gassen waren voll von Menschen. Die Lastenträger mit ihren Karren und Maultieren kamen kaum durch und wir mussten uns zum Ausweichen immer wieder in einen Shop eintreten. Es gibt leider viel zu viele Souvenirshops, die mit ihren Auslagen die schönen Portale und Eingänge der Häuser verdecken. Der Souk war teilweise neu renoviert und hier hatten sich die Händler einquartiert, die festliche Kleider und Zubehör für Hochzeiten verkauften. Um diese Jahreszeit allerdings fast ohne Kundschaft.
Im Gerberviertel bekamen wir am Eingang eines Shops ein paar Minzblätter in die Hand gedrückt, gegen den Geruch und wurden dann auf die Terrasse des Hauses gelenkt. Von oben herab konnte man die Prozedur des Häutens, Gerbens und Färbens beobachten. Gegerbt wird mit Taubendreck, die darin enthaltenen Alkalien machen das Leder weich. Ob dann wirklich keine Chemie benutzt wird wie behauptet, wer weiß es schon? Jedenfalls ist das eine sehr sehr dreckige und vor allem stinkende Arbeit.
Insgesamt waren wir von Fes als Weltkulturerbe Stadt enttäuscht. In die Moscheen darf man als Nicht-Moslem nicht hinein, da half auch keine Diskussion mit dem Imam am Eingang. Die Medressen, also die Koranschulen, waren entweder geschlossen oder wir konnten sie nicht finden. Und so bestand die Medina von Fes für uns gefühlt nur aus Souvenirshops.
Am anderen Ende der Medina befand sich der Königspalast hinter hohen Mauern. Danach fingen die Gassen des ehemaligen jüdischen Viertels an. Ein ganz anderer Anblick. Weitere Gassen, Fenster und Balkone zur Strasse hin. Auch hier geschäftiges Treiben.
Nach so vielen Menschen steuerten wir am nächsten Tag die römische Ausgrabungsstätte Volubilis an. Für Anfang März war es sehr warm, 28 Grad um die Mittagszeit. Wir suchten uns erst einmal ein nettes Plätzchen und ließen die Mittagshitze vergehen, bevor wir die Besichtigung begannen. Auch hier waren wir mal wieder enttäuscht von einer Weltkulturerbestätte, die nicht wirklich gepflegt wurde. Die sehr schönen und auch detailreichen Bodenmosaike waren schlecht renoviert. Für die original grünen Mosaiksteine wurden einfach grüne Glasscherben verwendet. Dann waren die Mosaike an der Oberfläche teilweise verschlammt und dreckig nach den letzten Regenfällen und somit nicht gut zu erkennen. Ein Dach das den Regen abhält wäre angebracht. Nichts desto trotz hat sich der Besuch für uns gelohnt, denn es ist immer wieder erstaunlich, wo sich die Römer überall mit Macht einen Platz geschaffen haben. Um dann ihre ganze Kultur mit Bädern, Wassertoiletten und Architektur an neuem Ort zu etablieren.
Am drauf folgenden Tag haben wir die Medina von Meknes besichtigt. Klein und fein, authentisch und kaum touristisch. Leider ist Meknes im Moment eine große Baustelle. Die Hauptsehenswürdigkeit, das große blaue Tor Bab Mansour wird renoviert und war verhangen und der riesige, große Platz gegenüber ebenfalls eine Baustelle. Flair kam so leider keines auf. Das Mausoleum von Moulay Ismail aus dem 17. Jahrhundert ist dafür wunderschön und nahezu perfekt restauriert. So kann in einem Mausoleum ein entsprechend würdige Stimmung entstehen. Mit einem Zwischenstopp beim Supermarkt Carrefour, Lebensmittel und Wein, ging es südlich raus aus der Stadt in die Berge.
Unser Ziel Ifrane und der Nationalpark der Zedern. Wir entschieden uns für den Campingplatz Amazigh zwischen Azrou und Ifrane. Gelegen auf einem Farmgelände voller uralter Kirschbäume. Wir zirkelten unser Auto unter die Bäume, auch hier war der Platz ziemlich voll. Die Besitzerin sehr nett und gab gleich Tipps für die Besichtigung des Zedernwaldes zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Überraschung am nächsten Morgen war ein frisches knuspriges Baguette auf unserem Campingtisch, ein Service dieses Platzes. Nach einem guten üppigen Frühstück sattelten wir die Räder. Das besondere an diesem Wald sind nicht nur die alten Zedernbäume, sondern auch die Berberaffen, die darin leben. An den besonders touristisch interessanten Plätzen gibt es Verkäufer mit Erdnüssen und natürlich dementsprechend viele Affen zu bestaunen. Wir radelten auf einer Schotterpiste durch den Wald und am anderen Ende konnten wir bei einem Ausflugsplatz bei einem Kännchen Minztee die Affen noch einmal beobachten. Einfach klasse wie sich die kleinen und jungen Berberaffen in den Bäumen jagen und von Ast zu Ast springen.
Etappe 3: durch den Gemüsegarten Marokkos an die Atlantikküste, El Jadida und Essauira
Die Fahrt aus dem Bergen des Mittleren Atlas an die Atlantikküste war für uns überraschend. Je tiefer wir kamen desto grüner wurde es. Die ganze Fläche bis zum Meer wird landwirtschaftlich genutzt. Selbst an der Küste entlang bis Essaouira zogen sich die kleinbäuerlichen Felder bis an die Dünen am Strand. An Waschplätzen wurden Karotten und Rettiche gewaschen und für den Markt verpackt. Bohnen, Erbsen, Zwiebeln, Salate, Erdbeeren und Gewürze wie Minze, Petersilie und Koriander wurden auf Ständen an der Straße verkauft.
Wir haben Rabat und Casablanca umfahren und zur Besichtigung ausgelassen. Diese Städte haben seltsamerweise keinen Campingpatz und wollen auch keine Wohnmobile, die über Nacht in den Straßen parken und so haben wir gleich El Jadida am Atlantik angesteuert. Vorher haben wir noch einen Stopp in Azemour gemacht. Hier haben die Portugiesen auch ihre Spuren hinterlassen in Form einer mächtig befestigten Stadt oberhalb der Flußmündung. An der kleinen Promenade am Fluß gab es erst einmal einen Minztee.
Ein paar Kilometer weiter, El Jadida, die alte portugiesische Festungsstadt mit der Cité Portugaise. Umgeben von einer stattlichen Mauer, ist die Stadt seit 2004 Weltkulturerbe. Leider war die Hauptattraktion, eine große Zisterne mitten in der Altstadt, wegen Renovierung geschlossen, bzw. wegen Einsturzgefahr. Da haben wir uns mal wieder gefragt, wie kontrolliert hier die UNESCO? Renovierung nach Einsturz? Ansonsten ist die kleine Stadt in der Stadt komplett anders als die Medina der arabischen Städte. Die Straßen sind nicht so verwinkelt, sie sind breiter und die Häuser haben Fenster auf die Straße hinaus.
Die weitere Fahrt immer der Küste entlang Richtung Süden führte uns über die Industrie- und Hafenstadt Safi nach Essaouira. Auch diese portugiesische Bastionsstadt ist Weltkulturerbe und hat einen geometrischen Grundriss. Es ist sehr einfach sich im jeweiligen Viertel zurechtzufinden. Kleine Plätze mit Restaurants und Cafés, dazwischen ein kleiner Souk. Die Häuser in den Gassen mit weißen Wänden, blauen Türen und Fensterläden, wirken eher wie in einer europäischen südländischen Stadt, als in Marokko. Feine kleine Läden, geschmackvolle Galerien machen Spaß zum Schlendern und wir lassen uns treiben. Das ganze Viertel ist auch wieder von einer stattlichen Mauer umgeben, auf der noch dutzende dicke Bronzekanonen stehen. Je höher man auf die Stadtmauer kommt und damit zum Meer, desto stürmischer wird es. Essaouira wird auch als „windy city“ bezeichnet. Da in der Stadt alle Wohnmobilstellplätze durch eine Rally-Gruppe (rund 150 verschiedene Fahrzeuge, Rally ohne Zeitmessung, alles Privatfahrer) besetzt waren, steuerten wir einen Campingplatz im Hinterland an.
Der nächste Tag beginnt mit unserer ersten Polizeikontrolle. Bisher sind wir als Ausländer bei allen Kontrollen durchgewunken worden. Diese stehen meist am Ortsaus- und Eingang und an Provinzgrenzen. Dieser Polizist hat es einfach mal bei uns versucht. Wollte den Führerschein sehen und meinte wir hätten die durchgezogene weiße Linie überfahren. Wir gaben ihm zu verstehen, dass wir kein französisch verstehen und er gab in Google Translater ein, wir hätten ein Vergehen begangen des 3. Grades. Na ja, dann kann es ja nicht so schlimm sein, bzw. werden. Joachim fing dann an mit ihm zu diskutieren, dass sie beide jetzt unterschiedlicher Meinung wären und was denn jetzt passieren soll. Bisher wurde kein Betrag genannt. Nachdem klar war, dass wir nicht einfach etwas bezahlen, bekam der Polizist von seinem Kollegen auf Arabisch etwas zugerufen. Danach sagte er zu uns, er wollte uns als Touristen belehren und uns jetzt weiter fahren lassen. Führerschein zurück, ein freundliches Dankeschön und weiter ging die Fahrt. Dann gab es an der Straße lauter Honigverkäufer, da haben wir uns nach langem Verhandeln erst einmal eingedeckt. Und dann ging die Straße direkt an der Atlantikküste entlang. Tolle Klippen und Strände.
Rund 25 Kilometer vor Agadir dann der Plage Paradis. Es war Sonntag und auf den Klippen vor dem kilometerlangen Strand picknickten lauter Marokkaner zwischen den Wohnmobilen und Campern der Europäer, meist Wellenreiter. Da haben wir spontan entschieden wir suchen uns auch einen Platz und bleiben hier über Nacht stehen. Haben einen schönen Spaziergang am Strand gemacht und Joachim hat sich auch noch in die Wellen gestürzt. Mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, ging ein aufregender Tag zu Ende.
Der nächste Tag ging dann durch Agadir hindurch nach Sidi Ifni. Zuvor haben wir ein paar Kilometer vorher noch die Felsbögen von Legzira besucht. Leider ist ein Felsbogen bereits eingestürzt, aber einer ist noch intakt und wir hatten Glück. Ebbe hatte eingesetzt und wir konnten ganz am Rand hindurchgehen, immer auf der Hut vor den Wellen und der Gischt des Atlantiks. Am Strand haben wir noch ein Mittagessen mit gegrilltem Sepia genossen bevor es nach Sidi Ifni weiterging. Dieser Ort sollte unser südlichster Punkt werden. Wir quartierten uns auf einem Campingplatz ein, der im Winter mit französischen Rentnern vollgestellt ist. Der Platz ist alles andere als schön und der Atlantik davor auch nicht gerade einladend zum Schwimmen oder am Strand zu laufen. Wir haben uns mal wieder gefragt, was macht man hier wochenlang?
Von hieraus ging es nicht mehr nach Süden, sondern nach Osten, wieder Richtung Anti-Atlas. In Guelmim haben wir uns in einem großen Supermarkt erst einmal wieder mit diversen Lebensmitteln eingedeckt. Und dann kam wieder alles anders als geplant.
Etappe 4: Durch die Wüste – auf der Piste durch das Qued Draa zurück an den Atlantik
Autor: Joachim
Auf dem Parkplatz des Supermarkts in Guelmim parkt uns gegenüber ein großer Allrad Iveco mit Wohnkabine und von dort kommt Klaus auf mich zu. Wir beginnen das übliche Gespräch: Woher und Wohin. Klaus kommt gleich auf sein Anliegen zu sprechen. Er und Pia wollen eine Piste weiter südlich nehmen und von Azza durch das Qued Draa nach Westen bis an den Atlantik fahren. Ich hatte mir den Pistenverlauf und die Beschreibung auch schon angeschaut und entschieden, dass das für uns nicht machbar ist. Aber mit zwei Fahrzeugen? Klaus und Pia haben uns dann zum Nachdenken gebracht mit ihrem Wissen um den genauen Pistenverlauf, den GPS-Koordinaten und dazu noch: 9 Sandbleche, einen 9 Bar Kompressor, um die Reifen nach einem Stück Sandpiste wieder aufzupumpen und obendrauf noch einen 9 Tonnen Bergegurt. Wir sitzen bei beiden in der Wohnkabine schauen gemeinsam auf die Landkarte, schauen uns alle in die Augen und beschließen: Wir machen das! Für den Abend verabreden wir uns in einer kleinen Palmenoase auf dem Weg nach Süden.
Am nächsten Morgen um 8:30 geht es dann los. Noch 30 Kilometer nach Süden auf Asphalt. Den Einstieg in Pisten zu finden, ist in der Regel immer nicht einfach. Uns geht es auch so. Klappt dann aber doch und jetzt heißt es für Anke und Joachim: kein Zurück mehr, 180 Kilometer Piste vor uns. Zunächst geht es noch ganz flott dahin, aber mit jedem Kilometer wird die Piste ruppiger und wir fahren nur noch 15-20 km/h schnell. Da die Piste an der Südseite des Qued entlang geht, führt die Piste auch das ein oder andere Mal raus aus dem Qued, wenn tatsächlich einmal Wasser fließt. Für uns bedeutet das immer eine steinige und steile Rampe die ungefähr 60 bis 80 Höhenmeter überwindet. Wir sperren das erste Mal das Hinterachsdifferential und fahren wunderbar gleichmäßig und ohne hängen zu bleiben die steinige Rampe rauf. Oben angekommen ein freudiges und erleichtertes Lachen auf unseren Gesichtern. Gut gemacht. Nur ein paar hundert Meter weiter geht es aber schon wieder bergab und weiter am Rand des Qued entlang. Die Gegend durch die wir fahren ist praktisch Menschen leer. Wir treffen nur auf einen Hirten der seine Kamele mit seinem Mopped hütet. Mittlerweile ist es Mittag und die Temperatur bei 34 Grad. Nach drei Stunden Fahrt haben wir gerade einmal 40 Kilometer auf der Piste geschafft, sind allerdings gut in der Zeit. Je weiter wir vorankommen, desto ruppiger und kurviger wird die Piste.
Bis fünf Uhr am Nachmittag haben wir dann den angepeilten Übernachtungsplatz bei Kilometer 86 erreicht. Schirmakazien und dazu ein paar kleinen Sanddünen. Besser wird es nicht. Wir sammeln noch etwas Feuerholz, machen ein kleines Lagerfeuer und legen dann unsere Beinscheiben vom Lamm auf den Grill. Wir sind am Beginn des Ramadans, was heißt, wir haben Neumond und dazu kein künstliches Licht, welches den Blick in die Sterne trübt.
Am folgenden Morgen machen wir uns auch gegen 8:30 auf den Weg. Leider wird die Piste noch etwas schlechter und so kommen wir nicht über ein Schnitt von 15km/h hinaus. Auch das Knarzen und Quietschen, wenn sich der Sprinter verwindet beginnt langsam etwas zu nerven. Wir sehen es positiv. Noch sind alle Schränke fest an der Wand, Dusche und Kühlschrank sind auch da wo sie stehen sollten. Landschaftlich wird es auch eintöniger, so hoppeln wir einfach weiter. Da wir langsam das Qued verlassen, und damit auch die Grundwasser führenden Schichten, fehlt es auch an größerem Bewuchs. Mangels eines Schattenbaums bleiben wir zur Mittagspause einfach stehen. Das Thermometer am Auto zeigt 35 Grad, im nicht vorhandenen Schatten. Wie auch gestern kocht Klaus einen vorzüglichen Kaffee im Anschluss an die Sandwiches. Wir schätzen dass es noch rund 30 Kilometer sind bis wir auf eine bessere Piste hoffen können. Die letzten Kilometer bis dorthin geht es noch in ein Qued in dem es recht grün ist und wir wieder Kamele beim knappern am doch spärlichen Grün sehen. Dann kommt die bessere Piste. Vermeintlich besser, weil von einem Grader glatt geschoben und nur noch geradeaus. Leider mit sehr unangenehmem Wellblech. Das heißt: entweder mit 30km/h zuckeln oder mit 80 km/h drüber brettern. Klaus und Pia entscheiden sich für letzteres und verschwinden recht zügig in einer Staubwolke am Horizont. Es sind noch knapp 20 Kilometer und dann erreichen wir die Asphaltstraße. Die beiden sind gerade dabei ihre Reifen wieder auf den notwendigen Reifendruck für Asphalt aufzupumpen. Wir nehmen unseren kleinen Kompressor und schauen mal ob das auch klappt. Klappt gerade so.
Die Sandbleche, der Kompressor für zwischendurch oder der Bergegurt blieben ungenutzt. Der Sprinter ist super gefahren. Wir sind kein einziges Mal hängen geblieben. Wir verabschieden uns von Klaus und Pia mit einem auf „Wiedersehen“ und einem „Dankeschön“, dass sie uns Rookies mitgenommen haben.
Die ersten Kilometer auf Asphalt sind immer etwas ungewohnt. Nichts rattert, quietscht oder knarzt. 80 km/h fühlen sich fast an wie fliegen. So kommen wir zügig voran und bevor wir die erste Stadt erreichen, können wir sie am Straßenrand auch schon bemerken. Der Müll, bestehend aus Plastiktüten, Plastikflaschen, Bauschutt und wer weiß was noch, liegt wieder überall in der Landschaft herum. Wie schön und nahezu unberührt dagegen die Wüste, die wir die beiden letzten Tagen durchquert haben.
Etappe 5: Durch Anti-Atlas und Hohen Atlas nach Marrakesch und Ait Ben Haddou
Unser erstes Ziel nachdem wir den Atlantik nun endgültig verlassen hatten, galt der ältesten Speicherburg in Marokko in Amtoudi im Anti-Atlas. Amtoudi liegt an einer kleinen Schlucht gesäumt von Bäumen, Feldern und Dattelpalmen. Hoch oberhalb auf der dem Dorf gegenüberliegenden Seite steht auf einem exponierten Platz die Speicherburg. Sie ist gut erhalten und schön restauriert. Der Ksar diente als Zufluchtsort für die Dorfbewohner bei Stammeskriegen. Wegen der Hitze am Tag wollten wir diese am späten Abend besuchen, aber der Wächter war schon abgestiegen um rechtzeitig zum Fastenbrechen während des Ramadan am frühen Abend zu Hause zu sein. Also haben wir die Besichtigung auf den frühen Morgen des nächsten Tags verschoben. Eine Stunde sollte der Aufstieg dauern, wir haben 45 Minuten gebraucht in der noch kühlen Morgenluft. Der Wächter war pünktlich zur vereinbarten Zeit um 9 Uhr anwesend und so klopften wir ans hölzerne Tor. Ein älterer Herr, gestützt auf einen Skistock wies uns den Weg und erklärte ein paar Dinge auf Französisch, dann ließ er uns alleine. Und wir waren wirklich alleine und konnten diese Burg in Ruhe erkunden. Überall kleine Speicherkammern für Getreide, Zwiebeln, Hülsenfrüchte. In einer Kammer gab es ein paar Haushaltsgegenstände und auf alten, glatt geschliffenen Palmwedeln Koransuren fein geschrieben. Dann gab es regalähnliche Vorrichtungen für allerlei andere Dinge, angeblich wurde hier auch Honig und Öl gelagert. In einem Brunnen, bzw. Zisterne gab es Wasser. Einen fantastischen Blick hatten wir vom höchsten Punkt der Burg auf die kleine Schlucht und die talauswärts schon am Vormittag in der Hitze flirrenden Wüste.
Nach einem zweiten Frühstück, einem Berber-Omelette im Restaurant des Campingplatzes ging es weiter Richtung Tafraoute im Anti-Atlas.
Der weitere Weg war wenig ansprechend. Langweilige Wüste. Erst als die hohen Berge des Anti-Atlas in Sichtweite kommen wird es spektakulär. Riesige gefaltete dunkelrote Berge und dazwischen in den Queds Oasen. Am Nachmittag konnten wir den Sprinter an einer kleinen Auberge parken und machten noch eine kleine Biketour in das Tal hinein. Am Abend bekamen wir eine leckere Tajine Poulet serviert und zum Nachtisch verschiedene Süßigkeiten, die während des Ramadans abends gegessen werden. Am nächsten Morgen dann die Fahrt durch das Mansour-Tal nach Tafraoute. Eine tolle Landschaft, viele schöne kleine Orte. Wir fuhren durch Palmenoasen und entlang des Qued Mansour und am Ende des Tals über einen 2000 Meter hohen Pass.
Hinab ins Tal und dort liegen, kurz vor dem Ort Tafraoute die bemalten Felsen. Riesige Granitfelsen, alleine liegend, als Gruppen scheinbar arrangiert oder als mächtige Ansammlung. Wir hatten Glück und wir hatten das weitläufige Gebiet fast für uns alleine und machten erst einmal ein Fotoshooting mit unserem ULG vor einigen dieser bunten Felsen. Dann suchten wir uns einen schönen Platz mit Blick auf eine von vier Bergkuppen und nach einem Mittagsimbiss kletterten wir zwischen den bemalten Felsen herum. Alles sehr seltsam, aber der Anblick faszinierend. Der belgische Künstler Jean Verame hat 1984 rund 20.000 kg Farbe auf den Felsen verteilt. Er wollte die berberische Kultur im Umgang mit der Natur in seiner künstlerischen Freiheit festhalten. Na ja!?
Einen Campingplatz fanden wir im Ammelntal, rund 5 km von Tafraoute entfernt. Hier sind wir dann am nächsten Tag früh morgens zu einer Fahrradtour aufgebrochen. Um die kleinen Ortschaften zu besuchen, die malerisch unterhalb der Bergmassive am Hang kleben, sind wir immer mal wieder von der Hauptstraße abgebogen. Aber wie fast immer endet die Straße dann vor dem Ort oder mitten im Ort, denn die kleinen verwinkelten Gassen sind nicht zu befahren, hier läuft man dann zu Fuß. Am Nachmittag dann mal wieder Wäschetag, wir hatten uns extra einen Campingplatz mit Waschmaschine ausgesucht.
In Marokko herrschte Ende März eine erste dicke Hitzewelle. Es war um die Mittagszeit an die 35 Grad heiß, in manchen Tälern sollten es sogar über 40 Grad sein. Wir beschlossen nicht in den Süden an den Sahararand, wie geplant zu fahren, sondern Richtung Marrakesch in den Hohen Atlas. Die Fahrt ging raus aus dem Anti-Atlas, über eine Tiefebene die stark landwirtschaftlich genutzt wird. Hier grünt es nur mit künstlicher Bewässerung, dann abgebogen und rauf auf den Tizi-n-Test Pass auf 2.100 Meter in den ersten Ausläufen des Hohen Atlas. Mit jedem Höhenmeter wird die Temperatur angenehmer und am Pass hatte es dann nur noch 18 Grad. Herrlich! Hier konnten wir das Auto kostenlos an der Auberge Belle Vue parken. Und der Blick ins Tal und die umliegenden Berge bis weit in den Anti-Altas hinein ist spektakulär. Die Tajine im Restaurant war lecker und reichlich, aber eben mal wieder Tajine Poulet. In der Nacht haben wir auf der Höhe sehr gut geschlafen, denn endlich mal wieder mit angenehmen Temperaturen.
Am nächsten Tag schlängelte sich die Passstraße ins Tal hinab, wir kommen an die Abzweigung nach Imlil und sehen im Hintergrund den Djebel Toubkal, den höchsten Berg Marokkos. Wir beschließen spontan die 17 km lange kleine ausgefranste Asphaltstraße zu nehmen und landen wieder auf gut 1.700 Meter. Die Fahrt ging durch ein fruchtbares Tal, gespeist von der Schneeschmelze der umliegenden Berge. Hier hatten die Papeln frisches Grün, die Obstbäume blüten, vor allem die Kirschen standen in voller Blüte und die Walnussbäume schlugen gerade aus. Frühling pur. Der Ort Imlil hat am Ortseingang einen großen Parkplatz, es standen schon weitere WoMo`s hier und wir gesellten uns dazu. Herrlicher Blick auf den Ort mit dem dahinter liegenden schneebedeckten Djebel Toukbal. Imlil ist Ausgangspunkt für die Besteigung des Toukbal und somit auch ein sehr touristischer Ort. Dazu kommen viele Tagestouristen aus Marrakesch hier her. Wir nahmen am Nachmittag die Räder und erkundeten die Umgebung. Wir waren einfach nur von dieser Landschaft und dem Bergmassiv fasziniert. Allerdings mussten wir uns den Parkplatz noch knapp zwei Stunden mit der Dorfjugend teilen, die hier ihr tägliches Fußball Spiel austrägt. Um 18:45 haben dann die ganzen Jungs auf einen Schlag den Platz verlassen. Um kurz nach 19:00 Uhr rief der Muezzin und wir hatten die Stille der Berge für uns.
Bis Marrakesch sind es nur noch zwei Stunden Fahrt. Wir hatten die Info von anderen WoMo-Fahrern bekommen, dass es einen Stellplatz zum Übernachten genau gegenüber des großen Platzes Djamaa el-Fna geben soll. Wenn man am Vormittag anreist, dann bekommt man auch noch einen Platz. Und so war es dann auch. Näher an der Medina zur Stadtbesichtigung geht es nicht. Wir hatten eigentlich nicht vor gehabt Marrakesch noch einmal anzusteuern, da wir vor einigen Jahren mit Uschi hier waren und sehr schöne Erinnerungen haben. Aber diese Stadt ist so anziehend und mittlerweile weltstädtisch geworden, und bietet für den Reisenden alles was das touristische Herz begehrt.
Wir ließen uns durch die Gassen der Medina treiben, steuerten die Medersa Ben Youssef an. Diese Koranschule ist seit letztem Jahr komplett renoviert und die Handwerkskunst der Marokkaner ist beeindruckend. Diese feine Arbeit der Steinmetze, die bunten Fließen, die Holzschnitzereien. Vom ersten Stock die Blicke durch die kleinen Fenster in den Innenhof, es ist hier ein Gefühl wie in 1001 Nacht.
Da die Stadt vom Tourismus lebt, hatten auch alle Restaurants und Cafe`s geöffnet, trotz Ramadan. Wir saßen bei der Hitze gerne und oft im Schatten bei einem Minztee und beobachteten die Leute aus aller Welt. Am Abend hatten wir uns in einem libanesischen Restaurant einen Tisch reserviert. Die Kritiken im Netz waren hervorragend und wir wollten mal was anderes als Tajine und Couscous essen. Die Küche war super und dann kam die Chefin an unseren Tisch. Eine Libanesin in Passau geboren, in Wien aufgewachsen und jetzt seit 2015 mit einem Restaurant in Marrakesch. Wir sprachen über den Ramadan, über die Angestellten. Wir lobten ihre Mitarbeiter, denn der Service war super. Sie hatte gefallen an unserem Gespräch gefunden, bestellte Minztee und setzte sich zu uns. Das Restaurant war voll, steht in allen Foren und die Bewertungen sind hervorragend. Wir hatten einen schönen leckeren Abend. Auf dem Rückweg zum Parkplatz sind wir nochmals über den Platz Djamaa el-Fna gelaufen, mit all den Garküchen, den Grillständen, den Fruchtsaftständen und mittendrin die berühmten Gaukler und Geschichtenerzähler. Uns kamen sehr viele Marokkaner entgegen, denn das letzte Gebet war soeben zu Ende und aus der großen Moschee gegenüber dem Platz strömten alle in Richtung der Medina. Vor der Moschee wurden die Palmwedelmatten eingerollt, da wohl nicht für alle Platz in der Moschee ist. So konnten wir noch die Unterteilung für Männer und Frauen draußen auf dem Vorplatz der Mosche sehen. Es war eine friedliche und schöne Atmosphäre zwischen all den Familien und Frauen, die noch ein Schätzchen hielten. Es war das erste Mal, dass wir auch Frauen sahen, die zur Moschee gingen, bzw. von hier kamen.
Bevor es weiter ging steuerten wir erst einmal wieder den Carrefour Supermarkt an und füllten unseren Kühlschrank, denn im Süden wollten wir wieder einen Abstecher in die Wüste machen. Während des Ramadan ist der Kauf von Alkoholika nur für Ausländer möglich. Also den Reisepass geholt, dann wurden die Daten in eine Kladde übertragen und der Weg war frei uns auch mit Wein zu versorgen.
Über den sehr gut ausgebauten Pass Tizi-n-Tichka 2260 Meter hoch, führt die Straße am Qued Ounila entlang mit Blick auf einige Kasbahs bis nach Ait-Ben-Haddou. Davor im Ort Telouet besichtigten wir die Kasbah, diese war restauriert und nicht so vom Verfall gezeichnet, wie all die anderen. Die Herrschaftsfamilie Al Glaoui lebte hier bis zur Unabhängigkeit Marokkos 1956. Kaum zu glauben, welche prächtigen Räume hier zu sehen sind. Feinste Stuckverzierungen, kleinteilige Mosaiken, Holzschnitzereien. Früher sollen in dieser Kasbah einmal mehr als 1000 Menschen gelebt und es soll 350 Zimmer gegeben haben.
Weiter ging es das Tal hinab, vorbei an malerischen Oasendörfern. Dann tauchte die mächtige Kasbah von Ait-Ben-Haddou auf. Die Kasbah ist seit 1987 Weltkulturerbe und diente vielen Filmen als Kulisse. Wir waren vor etlichen Jahren schon einmal hier und waren doch überrascht über die vielen Souvenirläden in der Kasbah, welche den Gesamteindruck doch massiv stören. Auch der Ort ist enorm gewachsen. Wir besuchten die Kasbah am späten Nachmittag, die Sonne stand schon tief und die Lehmwände wurden immer röter. Dann versinkt die Sonne hinter den Bergen des hohen Atlas, der Mond zieht auf und die Kühle der Wüstenacht wurde spürbar.
Etappe 6: Oasen und der größte Sandkasten in Marokko
April 2023
Wir sind wieder ganz im Süden gelandet, nahe der algerischen Grenze und dem Erg Chegaga. Eine Sandwüste mit Dünen, die erst nach 60 km Pistenfahrt zu erreichen ist. Es ist weiterhin sehr heiß, in der Mittagszeit um die 35 Grad. Zwei oder drei Stunden Fahrt über eine Piste in der flirrenden Hitze kommt uns nicht attraktiv vor. So entscheiden wir uns gegen die Fahrt nach M`hamid, als Ausgangspunkt zum Erg Chegaga und fahren stattdessen in die Oasenstadt Zagora im Vallèe du Drâa. Wir finden einen sehr schönen Campingplatz mitten im Palmenhain, gut gepflegt und sauber. Das Beste, im angrenzenden Riad Lamane können wir gegen eine kleine Gebühr den tollen Pool mitbenutzen. Weil es so angenehm unter und neben den Palmen ist, bleiben wir erstmal hier und machen „Urlaub vom Reisen“.
Unser Gastgeber und Patron des Campingplatzes gibt uns gleich den Tipp, dass am nächsten Tag, einem Sonntag, ein großer Freiluftmarkt mit Viehmarkt außerhalb des Ortes stattfindet. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Wir satteln die Räder am nächsten Morgen und fahren den Autos, Mopeds und Fahrrädern hinterher. Der Viehmarkt ist reine Männersache und von daher halte ich mich etwas abseits. Hier werden Schafe, Ziegen und Kühe gehandelt. Große Ansprüche bezüglich der Tierhaltung darf man nicht haben. Die gekauften Schafe werden für den Transport auf dem Moped an den Beinen zusammengebunden und dann über die Sitzbank gelegt. Jungtiere haben das Maul zugebunden bekommen, damit diese nicht an den Muttertieren trinken können. Der Interessent will schließlich die Zitzen prüfen. Alles sehr spannend, dazu die Verhandlungen über den Preis, die wir nicht verstehen, aber die Gesten sprechen Bände. Wir wenden uns dann dem Markt für Gemüse, Obst und Oliven zu und kaufen lecker ein und schlendern weiter über den Souk. Es wird hier alles verkauft, was man gebrauchen kann. Teilweise erinnert es uns an einen Gebrauchsgüter-Flohmarkt. Bei der Kleidung die verkauft wird ist vieles aus Kleidersäcken aus Europa dabei.
Zurück am Campingplatz springen wir erst einmal in den Pool und verbringen die Hitze im Schatten der Palmen. Am nächsten Tag brechen wir früh auf zu einer Radtour entlang der Oasen des Vallèe du Drâa. Wir nehmen eine kleine Straße und fahren durch die Dörfer. Schnell stellen wir mal wieder fest, die Oasen sind nur da schön grün, wo sie auch gepflegt und vor allem gewässert werden. Und diese Bewässerung ist immer wieder spannend zu sehen, nach welchem System, wer welches kleine Wehr aufmachen darf, um seine Pflanzen zu wässern. Wir hatten schon auf unserer Fahrt nach Zagora etliche abgestorbene Palmen gesehen. Auch hier finden sich viele Dattelpalmen die vertrocknet sind. Es fehlt an Grundwasser oder eben an der Bewässerung. Warum die Palmen nicht bewässert werden bleibt uns es Rätsel. Der Wassermangel verwundert allerdings ein Stück weit nicht. Wir haben in den Bergen sehr viele Photovoltaikanlagen gesehen die massiv Grundwasser für neue Plantagen in große Becken pumpen, um damit neu gepflanzte Olivenbäume oder auch Dattelpalmen zu bewässern. Das Grundwasser fehlt dann stromabwärts in den Oasen. Den Sinn haben wir noch nicht verstanden, denn im Tal kommt immer weniger Wasser an und die bestehenden alten Palmen sterben ab.
Unser nächstes Ziel führte uns entlang einer steinigen schroffen und unwirklichen Wüstenlandschaft in den größten Sandkasten Marokkos, dem Erg Chebbi. Je näher wir kamen, desto sandiger wurde die Landschaft. Die ganze Region ist sehr touristisch, viele Hotels, Gästehäuser und Campingplätze reihen sich am Rande des großen Wüstenfeldes auf. Joachim kann es kaum erwarten dort anzukommen. Wir finden einen Campingplatz, der direkt an den Sand angrenzt. Wir parken den Sprinter und zu Fuß los geht`s. Es ist bereits später Nachmittag und wir kämpfen uns auf die Dünen, um den Sonnenuntergang zu genießen. Je tiefer die Sonne sinkt, umso intensiver leuchtet das Saharagelb des Sandes und wir können uns nicht sattsehen. Das Gebiet ist so groß, dass die Motorräder, Buggy`s und Geländewägen, die durch die Dünen brettern nicht groß stören. Die für uns „lächerlichen“ Kamelkarawanen auf denen Touristen die paar Meter in die Dünen geschaukelt werden, geben allerdings ein schönes Fotomotiv ab.
Und dann plötzlich verdunkelt sich der Himmel am Horizont, die nächsten großen Dünen sind nicht mehr zu sehen und der Wind frischt auf. Auf einmal waren wir umgeben von Wüstenstaub und Sand. Mit der Zeit wurde aus dem Wind ein echter Sturm. In der Nacht wurde dieser Sandsturm immer stärker, die Böen ließen unser Auto wackeln und erschüttern. An Schlaf nicht wirklich zu denken. Irgendwann fällt man dann doch in den Schlaf. Geschlafen haben wir schlecht und am frühen Morgen der Blick nach draußen, verhieß nichts Gutes. Wir wollten eigentlich zum Sonnenaufgang in die Dünen wandern, aber daran war nicht zu denken. Wir beschlossen so schnell wie möglich zurück in die Berge zu fahren, in der Hoffnung, dass hier der Sturm nicht hinkommt. Auf der Fahrbahn gab es bereits einige Sandverwehungen, ein Auto hatte sich schon festgefahren, Motorräder und Fahrradfahrer zirkelten durch den Sand. Man konnte keine Konturen mehr erkennen, die schöne goldgelbe Wüstenlandschaft vom letzten Tag war irgendwo im Sanddunst verschwunden. Dieser trübe Himmel ist uns dann leider noch sehr lange erhalten geblieben.
Etappe 7: Der östliche Hohe Atlas
Unsere Flucht vor dem Sandsturm hat uns wieder in die Berge getrieben. Der Himmel blieb trüb vom aufgewirbelten Sand und Staub und das leider noch über mehrere Tage. Wir wählten einen Weg Richtung Nordosten, der in unserer Landkarte als landschaftlich schön verzeichnet war. Ein schmales Asphaltband mit ausgefranstem Rand wand sich durch eine wunderschöne Schlucht. Die Felder grün, das frische Laub der Papeln und die kargen rötlichen Felsen gaben ein tolles Bild ab. Es ging durch kleine Dörfer und in einem war Markttag, mitten auf dem Weg durchs Dorf. Es bleibt nichts übrig als sich einen Weg mitten durch die Menschen und Tiere zu bahnen. Esel, Schafe, Ziegen und die eine oder andere Kuh. Da es hier sehr weit weg von jeglichen größeren Orten war und Touristen hier nur zur Durchreise durchfahren, waren die Kinder in den Dörfern ziemlich nervig und aufdringlich mit ihrem Winken und der fast schon aggressiv vorgetragenen Aufforderung nach Geschenken. Anscheinend hatten hier in der Vergangenheit einige Touristen Mitleid und warfen mit Bonbons aus den Autos. Und wenn ein Kind das häufiger erlebt, dann entsteht eine Anspruchshaltung die wir so kaum nachvollziehen können.
Wir verbrachten eine windige bis stürmische Nacht an einem See bei Imilchil auf 2100 Meter Meereshöhe. Sobald die Sonne untergeht wird es schnell richtig kalt, die Heizung haben wir aber nicht gebraucht. Am folgenden Tag war unser Ziel in die Dades-Schlucht zu fahren. Wir hatten uns gut präpariert und Wasser und Proviant eingekauft. Der Weg sollte über einen 2900 Meter hohen Pass führen und eine Schotterpiste sein. Wir staunten nicht schlecht, als wir im kleinen Dorf Agoudal auf einer nagelneuen ziemlich breiten Asphaltstraße den Pass hinauffuhren. Auf der Passhöhe angekommen endete dann der Asphalt schlagartig und ging in die von uns angenommene steinige Schotterpiste über. Gerade breit genug für unseren Sprinter. Ein Motorradfahrer der kurz nach uns an der Passhöhe ankam staunte auch nicht schlecht, aber wir fuhren dann einfach los, in der Hoffnung, dass es nicht viel Gegenverkehr geben würde. Leider war der Himmel weiterhin trüb vom Sand und Staub aus der Sahara, aber die Blicke in die Schlucht und die Berge drum herum waren fantastisch. Die kleine Piste zog sich über weit geschwungene Kehren den Berg hinunter, hinein in die Dades-Schlucht. Für die gut 25 Kilometer Piste brauchten wir mit Fotostopps rund 1,5 Stunden. Am Talgrund wurde aus der Piste dann eine kleine asphaltierte Straße und der Verkehr nahm deutlich zu. Die Dades-Schlucht ist ein touristischer Anziehungspunkt und sicherlich eines der Highlights in Marokko.
Im nächsten Tal, dem Rosental, stellten wir uns für die Nacht auf den Parkplatz an einer Auberge und genossen mal wieder die landestypische Tajine im Restaurant. Am folgenden Morgen radelten wir mit den Fahrrädern weiter hinein ins Rosental. Der Weg führte durch eines der kleinen typischen Dörfer, wo fast alle Häuser aus Lehmziegeln gebaut sind und die Gassen gerade breit genug sind für Fußgänger. Am Eingang einer Kasbah bat uns der Besitzer herein und führte uns durch sein Haus. Steile Treppen führen in die oberen Stockwerke in diesem Lehmbau. Ebenerdig liegen die Ställe für das Vieh. In den Zimmern darüber war überall in den Wänden an den Ecken ein Baumstamm eingelassen, der so ein Dreieck mit den Mauern bildet. Hier werden die Teppiche über den Tag hinweg aufgehängt und am Abend wieder ausgelegt. Wir bekamen auf der Terrasse noch einen Minztee und genossen den Blick in dieses wunderschöne Tal. Der Tee kostete 20 Dirham und die Führung nochmal 30 Dirham. Wir sind nun lange genug im Land, sodass von Anfang an klar war, dass der Tee und die Führung ihren Preis haben. Leider konnte das Rosental für uns seinem Namen nicht gerecht werden, da die Rosen noch in der Knospe waren. Aber wenn alle Rosen auf den Feldern blühen, muss das grandios aussehen und sicherlich auch toll riechen. Wir haben zum Abschied von unserem Gastgeber eine Rose aus seinem Garten geschenkt bekommen und ins Auto gelegt, der Duft hat angehalten, bis sie vertrocknet war.
Zurück zur Nationalstraße und am Fluss Dades entlang folgen wir der „Straße der Kasbahs“. Dieses Tal kam zu Wohlstand als Durchgangsstation der Kamelkarawanen aus der Sahara und natürlich durch die noch heute zum Teil bestehenden Oasenwirtschaft. Mit dem Wohlstand sind dann auch die großen und vor allem sehr vielen Kasbahs im Tal entstanden. Leider sind viele davon nur noch Ruinen mangels Nutzung. Da als Baumaterial nur Lehmziegel verwendet werden, muss nach jedem heftigen Regenfall das Dach und die Wände neu verkleidet werden. Ansonsten bleibt nichts mehr stehen. Einige Kasbahs sind allerdings restauriert und werden als Hotel oder Gästehäuser genutzt. Wir quartierten uns bei einer sehr gastfreundlichen Familie ein, die neben dem kleinen Hotel im Palmengarten auch ein paar Stellplätze für Wohnmobile anbieten. Am nächsten Tag auf einer Radtour durch die Oase von Skoura konnten wir die vielen verfallenen und auch die restaurierten Kasbahs ganz direkt erleben.
Am zweiten Abend dann eine große Überraschung für uns. Die Gastgeberfamilie lud uns zum Fastenbrechen ein. Wir waren erst nicht ganz sicher, warum uns diese Ehre zuteilwird, aber als die Patrona zum Sprinter kam und „Yallah – Yallah“ rief und winkte, war klar, wir sollen jetzt schleunigst kommen. Sie begleitete uns zum Esstisch, wo der Rest der Familie schon beim Essen saß. Wir hatten als kleines Gastgeschenk noch eine Tafel Schokolade aus Deutschland mitgenommen, die sofort in der Küche verschwand. Zu essen gab es eine dünne passierte Gemüsesuppe, die wir schon kannten. Diese Art Suppe wurde uns auch immer serviert, wenn wir im Restaurant gegessen hatten. Sie hat als Einlage Linsen, Kichererbsen und kleine dünne Nudeln. Das Fasten selbst wird aber jeden Abend mit Datteln und Milch gebrochen. Wir haben dann noch ein hart gekochtes Ei bekommen und einen kleinen in Ei gebackenen Fisch. Dann stellte man uns Pfannkuchen mit Honig hin und jede Menge süße im Fett ausgebackene kleine Kringel, die es überall auf den Märkten zu kaufen gab. Zum Trinken gab es Tee und Milch. Insgesamt wurde irgendwie alles durcheinander egessen und vor allem sehr viel Süßes. Wir hatten den Eindruck, dass sie die Kohlenhydrate über Zucker reinholen. Suppe, Eier, Datteln, Kringel und Pfannkuchen gibt es jeden Abend im Ramadan. Fisch zweimal die Woche und zweimal die Woche etwas mit Fleisch. Üppig war das nicht und diese Familie betreibt ein kleines Hotel, das über Ostern gut besucht war. Alles in allem war es interessant den Alltag miterleben zu dürfen. Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit vieler Marokkaner ist wirklich sehr sehr groß.
Der folgende Tag war ein kurzer Fahrtag mit dem Sprinter nach Ouarzazate. Hier hatten wir wieder einen Campingplatz unter Palmen, mit angeschlossenem Gästehaus und vor allem mit einer Waschmaschine. Wir kauften in der Stadt noch im Carrefour Supermarkt ein und dann war Waschtag. Ouarzazate ist die Filmstadt in Marokko. Viele Filme mit Wüstenlandschaft wurden hier gedreht und so hat die Stadt auch eine entsprechende Infrastruktur. Wir wurden auf dem Campingplatz von einem britischen Amerikaner im Mickymaus-T-Shirt angesprochen. Er stellte sich als Adam aus Los Angeles vor, der für zwei Filme – Fortsetzung Alien und Gladiator 2 – engagiert wurde, da er laut eigener Aussage ein Spezialist für eine besondere Art der Kameraführung sei. Es stellte sich im Gespräch heraus, dass er mit der Reifen Metzeler Familie aus Deutschland verwandt ist und ziemlich viel Geld in der Filmindustrie gemacht haben muss. Er hat sich über Ostern in das kleine Gästehaus einquartiert, um zu entspannen. Er mochte unseren Sprinter und wir hatten eine lange, lustige und spannende Unterhaltung am Nachmittag. Adam hatte viele Anekdoten zu erzählen und am Abend hat er die ganzen anderen Gäste unterhalten. Auch das ist reisen, Leute treffen!
Dann sollte es endlich in den Hohen Atlas gehen, wir wollten eine 3 Pässe Überquerung machen, die nicht auf unserer Landkarte zu finden war, die Joachim aber im Internet gefunden hatte. Wir machten uns auf die Suche nach dem Einstiegsort Amejgag. Wir wollten diesen über eine Piste von Ouarzazate aus anfahren. Die Straße verlief jedoch irgendwie nicht in unsere geplante Richtung, aber sie war neu und asphaltiert und wir sind ihr, angezogen von der tollen Berglandschaft gefolgt. Wir dachten zwischendurch, so eine Straße wird schon irgendwo hinführen. Leider endete sie aber abrupt in einem Bachbett neben dem Fußballplatz des kleinen einfachen Dorfes am Talende. Da stürzten auch schon alle Fußball spielenden Kinder auf uns zu. Ein älterer Junge sprach etwas französisch und sagte zu uns „la route c`est fini“. Tja, wenn die Straße hier zu Ende ist im Talschluss, dann müssen wir eben umdrehen und die 30 km zurück. Ein anderer Versuch über eine Bergkuppe nach Amejgag zu kommen, war für unseren Sprinter zu eng und zu steil. Und auch der dritte Versuch in einem trockenen Bachbett scheiterte an der kaum erkennbaren Piste. Also zurück nach Skoudra und nach einer Nacht auf einem großen Campingplatz versuchten wir unser Glück am nächsten Morgen über die Variante Rosental. Da waren wir ja schon einmal.
Noch einmal volltanken, Brot und Trinkwasser kaufen und dann ging es in den lange von uns gesuchten Ort Amejgag. Von dort aus gut 1500 Höhenmeter den ersten Pass hinauf auf genau 3005 Meter. Bis auf ein kleines Stück, war die Piste neu geschoben und gerichtet und mit einer dünnen Asphaltschicht überzogen. Da es so gut wie keinen Verkehr hier gibt, war die Oberfläche sehr gut zu fahren. Die Landschaft fantastisch, die Blicke zu dem noch verschneiten Jebel Irhil M`Goun mit 4071 Meter grandios. Und weiter ging es zum nächsten Pass 2800 Meter hoch. Wir waren überrascht über die gute Straße und kamen gut voran. Der dritte Pass dann auf 2900 Meter und hier lag auf der Nordseite noch richtig viel Schnee. Wir sahen noch die Spuren der Schneefräse, die den Pass freigemacht hatte.
Die Abfahrt dann zu unserem Tagesziel in das wunderschöne Tal Ait Bou Goumez, auch das „Tal der Glücklichen“ genannt. Hier herrscht Frühling. Das Tal grün, die Apfelbäume in voller Blüte, die Störche bauen ihre Nester in den Wallnussbäumen, die gerade ihre Blätter bekommen. Da im Tal überraschend viele Menschen wohnen, es wegen der Landwirtschaft und der Enge des Tals keine freien Flächen gibt, hatten wir etwas Schwierigkeiten einen Stellplatz zu finden. Wir fragten bei einem Hotel nach, welches etwas größer war und einen Parkplatz hatte. Wir durften hier einfach stehen bleiben über Nacht und fühlten uns irgendwie als Teil des Dorfes, das vor uns lag. Die Schafe wurden in die Ställe getrieben, die Männer verschwanden zum Sonnenuntergang in der kleinen Moschee zum Gebet und die Frauen schürten die Öfen für das Brot zum Fastenbrechen. Am nächsten Morgen mit den Fahrrädern auf Entdeckungstour durch dieses tolle Hochtal.
Am Nachmittag packten wir alles zusammen und fuhren über einen weiteren Pass mit 2700 Meter Höhe nach Zaoulat-Ahansal. Dieser Ort überraschte uns mit einem sehr feinen und sauberen, fast luxuriösen Campingplatz an einem Maison D´Hotel. Dieses ist wunderschön in die Landschaft integriert, hat einen schönen Garten und einen Ausblick auf die umgebenden Berge. In diesem Teil des Hohen Atlas kommen fast ausschließlich Wandertouristen. Wir entschlossen uns gleich zwei Tage hier zu bleiben und sattelten am nächsten Tag die Räder und fuhren in den angrenzenden Ort, in dem gleich drei sehenswerte Kasbahs stehen. Die Piste führte uns in ein Seitental hinein, immer am oder oberhalb des Flusses entlang, bis wir den Talschluss erreichten. Ab hier nur noch zu Fuß. Wieder tolle Blicke in die Berge und mittlerweile war auch der Saharadunst abgezogen und die Sicht klar und der Himmel unglaublich blau. Es kamen uns auf der schmalen Piste auch diverse Trekkinggruppen mit Mulis entgegen.
Unser weiterer Weg nach Imilchil mit dem Sprinter führte uns an einem Bergmassiv vorbei, das auch als Kathedrale bezeichnet wird, mit etwas Fantasie kommt das auch hin. Weiter an einem Stausee vorbei, der deutlich mehr Wasser vertragen könnte, was zeigt, dass Marokko durchaus unter Wasserknappheit leidet. Die nächsten Kilometer dann auf einer Schotterpiste die irgendwann einmal eine dünne Teerauflage erhalten hatte. Diese war aber auch seit langem wieder abgefahren und mit Schlaglöchern übersät. Diese entstehen am Hang durch Steinschlag. Die Felsbrocken knallen auf den dünnen Teer und reißen die Fahrbahn auf. Im Winter wenn es regnet oder schneit, sickert Wasser ein und dann braucht es nur etwas Zeit und etwas Verkehr und die Schlaglöcher werden größer und größer. Das Fortkommen war mühsam. Am Spätnachmittag dann eine steile Rampe frisch geteert auf einen weiteren namenlosen Pass hinauf und wir in der Hoffnung, dass die Piste nun ein Ende haben möge. Getäuscht. Wir mussten noch zwei Dörfer passieren durch die es nur eine staubige Durchfahrt durch die Häuser gab, durch die der Sprinter gerade so durch passte. Die Kinder in beiden Dörfern sprangen sobald sie uns sahen, wie verrückt auf unser Auto zu und verlangten mit eindeutigen Gesten nach Stilo (Kugelschreiber) und Bonbon, winken wild und versuchten uns anzuhalten. Wir sind mittlerweile diesem Verhalten gegenüber müde und überdrüssig. Verstehen zwar die Kinder, die so von Klein auf geprägt sind, sobald ein touristisches Auto kommt, zum Straßenrand zu rennen und die vier Zauberworte (Bonbon, Stilo, Ballon, Dirham) zu rufen, in der Hoffnung es kommt etwas aus den Autos geflogen. Diese Gegend ist sehr abgelegen und die Menschen hier sind gezeichnet von der mühevollen Arbeit auf den kleinen Feldern am Flusslauf und von der Schaf- und Ziegenhaltung. Ihr Transportmittel sind die Esel und Mulis, die schwer beladen von den Feldern kommen, mit Gras und Futter für die einzelnen Kühe, die bei den Häusern im Stall stehen. Am späten Nachmittag saßen die Männer im letzten Sonnenstrahl und warteten, dass diese untergeht, sie erst in die Moschee und dann Fastenbrechen gehen können. Am frühen Abend erreichten wir dann endlich den uns bekannten Übernachtungsplatz nördlich von Imilchil. Hier an diesem See hatten wir vor einigen Tagen schon einmal gestanden. So schließt sich ein äußerst eindrücklicher Kreis für uns. Diese intensiven Eindrücke vom einfachen Leben in den Bergdörfern haben uns noch lange beschäftigt.
Die Nacht am See auf 2100m Höhe war kalt, aber sehr erholsam. Am nächsten Morgen dann in Imilchil, einem Durchgangsort im Hohen Atlas mit einer doch erstaunlichen Infrastruktur für diese abgelegene Gegend. An der Tankstelle mussten wir erst einmal anstehen. Im Ort war Viehmarkt und die Bauern tankten nicht nur ihre Autos an der einzigen Tankstelle weit und breit, sondern auch Benzin in Kanistern für die kleinen Motorräder in den abgelegenen Dörfern. Die Metzger hatten an diesem Morgen frisch geschlachtete Ziegen und Schafe in der Auslage am Straßenrand hängen und die Bauern kauften in dem kleinen Ort ein, denn der Weg zurück in ihre Dörfer ist lang und beschwerlich, wie wir ja die letzten Tage selbst erlebt hatten. In den alten Mercedes Kastenwägen wird dann auch alles transportiert, was reinpasst. Innen die Personen und Waren, oben auf dem Dach in einem Gitterverschlag die Schafe und Ziegen und weitere Waren und wenn noch eine Sitzbank oben auf dem Fahrerhaus montiert ist, weitere Passagiere. Diese vollgepackten Gefährte kommen uns dann auf den schlechten Pisten mit ausgefranstem Asphalt und tausenden von Schlaglöchern entgegen. Bewundernswert wie die Fahrer ihre Gefährte sicher ans Ziel bringen.
Auch an diesem Tag brauchten wir für 150 Kilometer gute fünf Stunden. Wir kamen total müde in Midelt auf einem Campingplatz an, der mit seinem Grün von den hohen Bäumen und sogar etwas Gras auf dem Platz für uns eine Wohltat war. Der Hohe Atlas ist wunderschön, aber doch nicht ganz einfach zu erfahren. Wir haben die letzten zehn Tage genossen, waren fasziniert von den verschiedenen Landschaften, der einfachen Lebensweise der Menschen in der Höhe über 2500 Metern. Jetzt müssen wir erst einmal wieder im städtischen Leben ankommen und planen die restlichen 2 Wochen Richtung Mittelmeer.
Etappe 8: Zwischen Atlantik und Mittelmeer
Unser Weg Richtung Norden führte uns noch einmal durch die Zedernwälder bei Ifrane. Wieder ein Kreis der sich für uns schloss, denn unter den Kirschbäumen hatten wir einige Wochen zuvor schon einmal übernachtet, leider haben wir die Kirschblüte der dutzenden Bäume verpasst. Ein wunderbarer Ort um auszuschnaufen und um einen Plan für die restlichen zwei Wochen zu schmieden. Wir wollten noch einmal an den Atlantik und dann an der Mittelmeer-Küste entlang nach Nador fahren, bevor wir in die spanische Enklave Melilla ausreisen. Von dort haben wir die Fähre gebucht, die uns in Almeria wieder auf den europäischen Kontinent bringt.
Bevor es allerdings an den Atlantik ging, haben wir noch einen Abstecher in die Berge unternommen. Park National de Tazekka, südlich von Taza. Zuvor noch in Sefrou einkaufen, eine nette kleine Medina, ausschließlich auf den täglichen Bedarf der Einwohner ausgerichtet. Außer uns, kein einziger Tourist. Kaum in der Medina angekommen, in der ersten Gasse ein Frisör, der gerade keine Kunden hatte, die Chance für Joachim. Kurze Verhandlung über Preis und Frisur. Zur Verständigung wurde Hilfe aus einem Nachbargeschäft geholt, der junge Frisör sprach nur Arabisch, wir ja nicht. Das war natürlich die Attraktion in der Gasse, alle mussten den Aleman beim Haareschneiden anschauen. Im Souk war sehr viel los, die Vorbereitungen für das Zuckerfest, das Ende des Ramadans, standen in den nächsten Tagen vor der Türe. Das Angebot an Obst und Gemüse, Fleisch und Geflügel, war riesig für diese kleine Stadt. In einer Patisserie deckten wir uns noch mit leckeren Süßigkeiten ein und dann ging es los in die Berge.
Die ersten Kilometer war die Straße noch gut zu befahren, aber sobald wir in Richtung des Nationalpark Tazekka kamen und den ersten Pass mit 1900 Metern hinter uns hatten, wurde die Straße immer schlechter. Bald hatten wir nur noch ein dünnes ausgefranstes Asphaltband – mal wieder. Auf einer Hochebene dann Tausende von Schafen und Ziegen. Die Männer sind Nomaden, die hier mit ihren Herden nach dem Winter leben und die Tiere das erste frische Grün ab knappern. Wir kamen sehr langsam voran und uns war klar, dass wir uns für die Nacht einen Platz irgendwo in den Bergen aussuchen müssen. Es wurde dann eine Kurve im Nirgendwo, keine Behausung oder Zelte in der Nähe, keine Schafe und Ziegen. Hier fühlten wir uns gut aufgehoben, denn Verkehr gab es hier oben eh so gut wie keinen. Da es Ankes Geburtstag war, haben wir endlich die Flasche spanischen Cava aus Tarifa aufgemacht und auf Ankes Wohl angestoßen. Am Morgen dann eine tolle Stimmung beim Sonnenaufgang. Und weiter ging die Hoppel-Fahrt über weitere Pässe auf knappen 2000 Metern bis nach Taza. In dieser großen Stadt freuten wir uns über eine schöne große Asphaltstraße, die uns direkt zur Autobahn nach Fes führte. Für uns war es erst einmal genug Gerüttel und Geschüttel und wir wollen unsere Reise ausklingen lassen.
Den Campingplatz am Stadtrand von Fes kannten wir ja auch schon, wieder schloss sich ein Kreis. Und es war schön zwei Familien wieder zu treffen, denen man immer wieder in den letzten Wochen über den Weg gelaufen ist. In Fes dann einkaufen im Carrefour Supermarkt und am nächsten Tag Fahrt nach Asilah an die Atlantikküste südlich von Tanger. Ein wunderschönes kleines Städtchen, portugiesisch geprägt mit einem kilometerlangen Sandstrand.
Der Campingplatz hatte Schatten unter Bäumen und sogar ein wenig Rasen. Die Medina war fußläufig erreichbar und der Strand gleich vor der Tür. Hier wollten wir über die Feiertage zum Ende des Zuckerfestes bleiben. Am Abend vor dem letzten Fastenbrechen war in Asilah alles unterwegs zum Einkaufen. Auf den Straßen waren Händler und Bauern mit Ihren Waren, es wurden Unmengen von süßem Gebäck und Brot angeboten, es gab kaum ein Durchkommen. Dann wurden direkt auf dem Bürgersteig auf einem einfachen Karton an zwei Stellen jeweils ein ganzer Schwertfisch zerlegt und verkauft. Wir konnten es nicht glauben. Am nächsten Morgen dann das Zuckerfest. Von sieben bis acht Uhr in der Früh wurde aus der angrenzenden Moschee live über Lautsprecher ein monotoner Singsang übertragen, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Das was wir verstanden war: „Allahu akbar“ und „hamdudeallah“. Im Anschluss daran 30 Minuten, wir würden es als Predigt bezeichnen, die ebenfalls für den ganzen Ort übertragen wurde. Unsere Campingplatz Gastgeber hatten sich schick gemacht und erwartete ihre Familie zum Zuckerfest. Ein opulentes Frühstück nach der Moschee. Das Fotoshooting der Familie fand unmittelbar neben unserem Sprinter statt, da direkt neben uns ein Baum mit Schatten und Rasen war. Uns erinnerte das alles an Fotos die wir an Weihnachten machen, wenn die Familie zusammenkommt. Die jungen Frauen hatten am Anfang noch ihr Kopftuch getragen und nach etlichen Fotos nahmen sie ihre Tücher ab und posierten mit ihren schönen langen schwarzen Haaren. Unser täglicher langer Spaziergang am Strand wurde an den Feiertagen zum Schauplatz von Familienausflüglern aus Tanger. Unterschiedlicher konnten die Eindrücke nicht sein. Die Kinder rausgeputzt, die Frauen teils tief verschleiert oder in bunten Kleidern mit lockerem Kopftuch. Männer mit kurzen Hosen, die sich in die Wellen stürzten und viele Kinder und Jugendliche beim Fußballspiel.
Nach drei entspannten Tagen ging es dann weiter die Küste entlang nach Tanger. Es war der letzte Feiertag für die Marokkaner, ein Montag. Wieder Ausflugstimmung am Meer, am Cap Spatel, in den Gärten und Parks in Tanger. Auch hier kannten wir ja schon den Campingplatz, nur dieses Mal nicht im Nieselregen, sondern bei blauem Himmel und Sonnenschein.
Wir wollten unbedingt noch einmal in die Medina und in den Souk in Tanger und ein Carrefour Besuch um unseren Weinkeller im Sprinter aufzufüllen. Im Souk kauften wir uns Schwerfisch, Gemüse, Oliven und Obst. Bepackt mit Einkaufstüten, genossen wir noch einen Minztee in der Medina und keiner wollte uns seine Dienste als Führer anbieten. Wir hatten das Gefühl, wir wurden als Europäer gesehen, die hier wohnen und einkaufen wie sie selbst. Das war uns auf unserer Reise schon öfters aufgefallen, dass es wohl geschätzt wird, wenn wir im Souk einkaufen.
Die Fahrt an der Mittelmeerküste entlang Richtung Al Hoceima war wunderschön. Sehr kurvig und zum Teil auch sehr steil, mit tollen Ausblicken auf das tiefblau schimmernde Mittelmeer. Es geht rauf auf einen Pass, leicht 800 Meter hinauf und dann gleich wieder hinab ans Meer. Wir hatten die Nachmittagssonne im Rücken und die beschien die Landschaft und tauchte sie in ein wunderbares, sanftes Licht, welches die Farben der Berghänge so richtig zum Leuchten brachte. Auf einem kleinen Campingplatz in der Nähe von Al Hoceima quartierten wir uns ein und dann gab es erst einmal einen Sprung ins Mittelmeer. Keine stürmischen Wellen wie am Atlantik, ruhiges Wasser und zum Glück auch nicht so kalt wie der Atlantik.
Am folgenden Tag machten wir eine Radtour an der Küste entlang. Es gab einen tollen Blick auf eine besondere Insel, die eigentlich gar keine Insel mehr ist, sondern mittlerweile durch diverse Stürme über eine Sandbank mit dem marokkanischen Festland verbunden ist. Diese Insel „Penon de Alhucemas“ gehört zu Spanien und beherbergt einen Militärstützpunkt. Wir wurden von den Soldaten mit Ferngläsern beobachtet, winkten ihnen zu und radelten zurück.
Der weitere Weg am Mittelmeer entlang, dann ein völliger Kontrast zum ersten Abschnitt. Die Straße mäandert lustlos dahin, die Berge weit landeinwärts, die Landschaft für flächendeckende Landschaft zu trocken oder zu steil. Dazu viele freistehende Häuser. Und vom Meer fast nichts zu sehen. Wenn wir dann aber ans Meer kamen, sahen wir dutzende kleine windschiefe Zelte auf die wir uns keinen Reim machen konnten. Flüchtlinge? Aber so weit ab von Essen und Wasser. Komisch. Dazu noch ein schleierhaft bedeckter Himmel. Merkwürdige Stimmung an diesem Tag. Der Campingplatz den wir ansteuerten, liegt auf einem Hügel und besteht im Wesentlichen aus einem mit Stacheldraht eingezäunten Geviert. Darin angebaut Kartoffeln, Zucchini, Tomaten und Oliven. Aber irgendwie nicht das Richtige für uns. Das Meer eine halbe Stunde zu Fuß durch einen Canyon und dort dann am Meer wieder diese Zelte und dazu sehr viel Müll und jede Menge menschliche Hinterlassenschaften. Wir drehten sofort um. Der Campingplatz Besitzer, der in Deutschland gelebt hat, klärt uns auf. Dort hausen einfache Soldaten, die dafür sorgen sollen, dass keine Flüchtlingsboote an diesen einsamen Stränden Flüchtlinge aufnehmen und in See gen Spanien starten. Nun gut, aber bleiben wollten wir trotzdem nicht. Wir haben die Fähre umgebucht, sind am Nachmittag im Fährhafen von Melilla angekommen und fahren so ein paar Tage früher nach Spanien. Vor der Grenze, genauer vor der Fahrt zur Grenze hatten wir großen Respekt. Flüchtlinge haben in der Vergangenheit versucht irgendwie mit dem Fahrzeug in den Grenzbereich zu kommen und haben wohl auch an Wohnmobilen Schäden angerichtet, was Stand heute, aufgrund der Absperrungen, unmöglich ist. Wir waren die einzigen die ausreisen wollten, so dass wir für den gesamten Grenzübertritt nach Melilla gerade mal 20 Minuten brauchten. Der Sprinter wurde sowohl von den Marokkanern, als auch von den Spaniern mehrmals untersucht von innen und außen, ein Drogenhund wurde um das Auto geführt. Die Grenzanlagen sind beeindruckend und nicht passierbar und die Grenzbeamten in Melilla sagten uns, dass die Marokkaner alles sehr gut im Griff hätten und es das „Mitfahren“ auf Wohnmobilen zur Grenze praktisch nicht mehr gibt. Wir waren dann froh, daß der Grenzübertritt doch so reibungslos verlief. Abends fanden wir dann am Hafen eine rustikale Tapasbar und mit einem Glas Weißwein gab es für unsere Marokko Reise auf dem afrikanischen Kontinent noch einen schönen Abschluss.
Was uns in Marokko sonst noch so aufgefallen und begegnet ist:
Der Mercedes-Benz Kastenwagen
Die T1 Modelle, auch als Bremer Transporter bezeichnet, die nach 30, 35 oder gar 40 Jahren immer noch auf der Straße sind und fast immer schwer beladen. Müssen mit 4 Zylindern und maximal 88 PS durchs Gebirge fahren oder an der Küste entlang oder lange Etappen auf dem Weg in die Oasen meistern. Praktisch in jedem Dorf gibt es eine Werkstatt für die Mercedes und die Ersatzteile sind günstig. Reifen sind sowieso an jeder Ecke erhältlich. Wir haben auch etliche Werkstätten gesehen in denen die Kastenwägen komplett neu aufgebaut werden. Gestrippt bis aufs pure Blech. Einen haben wir dann frisch lackiert gesehen und zwar in Silber, eine Farbe die es damals für das Nutzfahrzeug gar nicht gab. Schick sah der aus. Von den nachfolgenden Sprinter Modellen sind praktisch keine zu sehen. Wahrscheinlich nicht stabil genug und zu viel Elektronik. Von daher wird der Kastenwagen noch über Jahre hinaus, DAS Fahrzeug sein, was das optische Straßengeschehen in Marokko und vor allem auf dem Land bestimmen wird. Wir haben jeden Tag mindestens einen gesehen, sodass in ganz Marokko die Zahl in die Zehntausende gehen wird.
Die orangen gelben Schulbusse
Die nächste große Flotte an Fahrzeugen, die das Straßenbild bestimmt, sind die orange gelben Schulbusse. Fast alle neu, keiner älter als vier oder fünf Jahre. Hier finden sich alle Marken, aber kaum Mercedes. Also Hyundai, Ford, Peugeot, Fiat und Citroen. Die Schulbusse transportieren die Kinder auch aus kleinen entfernten Dörfern zu Schulen, die irgendwo zentral in die Landschaft gebaut wurden oder an Dorf- und Stadträndern.
Die anderen Transportmöglichkeiten
Alles muss irgendwie transportiert werden. Wir haben viele Transporte von Mensch, Vieh und allem Möglichen und Unmöglichen gesehen, und oft gestaunt was alles geht. Dem Einfallsreichtum so schien es uns, sind kaum Grenzen gesetzt. Die Selbstverständlichkeit dieses Alltags deutet darauf hin, dass nur wir erstaunt waren.
Der Ramadan und die Muezzine
Der Fastenmonat hat uns praktisch kaum betroffen. Eingekauft haben wir am Nachmittag, das größte Angebot an Brot, Obst und Gemüse, gab es nach dem Nachmittagsgebet um 17 Uhr, hier deckten sich die Männer nach der Moschee noch mit frischen Sachen ein zum Fastenbrechen. Schade war nur, dass tagsüber alle Straßencafés und Restaurants, an den Überlandstraßen, in den Städten und Dörfern, geschlossen waren. Sehr nette Cafés, für einen Minztee oder Milchkaffee, oft auch mit leckerem kleinem süßem Gebäck dazu, hatten wir in den ersten Wochen schätzen gelernt. Wir haben uns immer gefragt wie das finanziell geht, mit 30 Tagen praktisch ohne Umsatz.
Fünf Mal am Tag ruft der Muezzin zum Gebet in die Moschee. Und das mitunter sehr lautstark. Wir haben nicht jeden Tag den Ruf um 4:30 gehört, aber mitunter doch sehr eindringlich wahrgenommen. Da wir oft auch einfach irgendwo in den Bergen oder am Strand übernachtet haben, wurden wir nicht in jedem Morgengrauen kurz aus dem Schlaf geholt. Für uns sehr erstaunlich, dass viele Störche, und in Marokko nisten sehr viele Störche, direkt oberhalb der Lautsprecher am Minarett ihre Nester bauen.
Die marokkanischen Frauen
Die Religion hat selbstredend großen Einfluss auf die Art und Weise, wie sich die Frauen in Marokko kleiden. Vom offen getragenen Haar, über bunte Kopftücher bis zum Hijab lässt sich in den Straßen und Gassen alles finden. Was uns auch in Marokko immer wieder erstaunt und befremdlich und ratlos zurücklässt sind die Frauen, die den schwarzen Niqab tragen. Die Distanz zwischen den bunten Kleidern und Kopftüchern der allermeisten Frauen und dem schwarzen Gesichtstuch der ganz wenigen Frauen, könnte kaum größer sein. Eine Erklärung konnten wir nicht ausmachen, auch aufgrund sprachlicher Barrieren.
Die Auslandsüberweisungen
Eine wichtige Einkommensquelle für viele marokkanische Familien sind Auslandsüberweisungen. Nicht zuerst, wie man annehmen könnte aus Überweisungen aus Europa, sondern aus dem Mittleren Osten. Woran kann man das ablesen? Die immer und manchmal ausschließlich angezeigten Währungen sind die aus Saudi-Arabien, Arabische Emirate, Katar und Bahrain. In jedem noch so kleinen Dorf findet sich ein Wafa Cash, Western Union und all die anderen Zahlungsabwickler. Sicherlich ärgerlich ist die Kommission, die abgerechnet wird. Je nach Höhe des Betrags, und das können auch nur 50 oder 100 Euro sein, fallen 8,8 % bis 10,0 % an. Auffällig waren recht viele Menschen vor diesen Wechselstuben kurz vor Ende des Ramadans.
Die Friedhöfe
Vor allem die Friedhöfe in den Bergen, egal in welchem Gebirge Marokkos, sind fast nicht zu sehen oder als solche gleich zu erkennen. In der Regel ein ummauertes Geviert auf dem die Natur munter wächst. Kleine Hügel, wenn überhaupt, und darauf ein senkrecht stehender, maximal kniehoher Stein. Ohne Beschriftung oder irgendein Hinweis wer hier begraben liegt. Oftmals sind die Friedhöfe im Umfeld eines Marabou zu finden. Also einer Begräbnisstätte eines islamischen Heiligen für die jeweilige Region.
Der Müll in der Landschaft
Ein zumindest für uns riesiges Problem, das Marokko auch mit anderen Ländern teilt. Was als erstes ins Auge springt ist der Plastikmüll der überall in der Landschaft herumliegt und wenn es Plastiktüten sind, dann finden die sich fast überall. Von den Bergen bis ans Meer und in die Wüste hinein. Und dabei sind Plastiktüten offiziell verboten. Was machen die Marokkaner nun? Mitunter gar nichts. Sind am Wochenende am Strand, verpacken den Müll in Plastiksäcke, lassen ihn so liegen und die herrenlosen wilden Hunde reißen alles auf und verteilen den Müll in der Landschaft. Am kommenden Wochenende können ja andere zwischen dem Müll ihr Picknick machen. Scheint aber keinen wirklich zu stören.
In den Bergen sieht die Sache anders aus. Da kommt keine Müllabfuhr wie in den Städten. Also paar Kilometer raus aus dem Dorf und in unserem Sprachgebrauch findet sich dann eine „wilde“ Müllkippe. Da die Menschen in den Bergen in der Regel Vieh halten, wird alles Organische zu Viehfutter. Das Plastik kommt dann in die Landschaft und verteilt sich großzügig oder wird verbrannt.
Am aller ärgerlichsten und einfach vermeidbar, sind aber die Glasscherben, die überall in der Landschaft zu finden sind. Man kann den Eindruck gewinnen, leer trinken, Autofenster runterlassen, Flasche raus. Auch an jedem netten Picknick Platz, Glasscherben überall. Es sieht für uns so aus, dass die Flaschen mutwillig zerschlagen werden. Super ärgerlich am Strand. Erst am Spülsaum kann man sicher sein, in keine Scherbe zu treten.
Der Händy Empfang
Was Marokko hier an Händy Empfang anbietet ist schon verdammt gut, vor allem wenn man wie wir den Empfang auf der schwäbischen Alb kennt. In fast jedem Winkel Marokkos ist das Netz so gut, dass man prima telefonieren kann. Fast überall gibt es Internet-Zugang, auch wenn es nicht immer schnell war. Selbst in wirklich abgelegenen Ecken, wenn man vom Hohen Atlas absieht, hatten wir guten Empfang. Mitunter sind die Masten auch noch schön anzuschauen, z. B. als Palme.
Die Campingplätze
Von den vielen Campingplätzen auf denen wir übernachtet haben, hatte nur einer annährend einen mitteleuropäischen Standard. Duschen konnten wir fast immer, mitunter auch gab es heißes Wasser, was in den Bergen doch ganz angenehm war. Die Toiletten haben wir das eine oder andere Mal nicht benutzt und stattdessen unsere Sprintertoilette. Auch sind viele Plätze einfach rumpelig. Da wird noch gebaut und der Bauschutt liegt im Eck. Die Mauern könnten einen frischen Anstrich vertragen, vertrocknete kahle Bäume stehen rum. Die Elektroinstallation ist oftmals abenteuerlich. Ob das Charme hat, liegt im Auge des Betrachters. Für acht oder zehn Euro am Tag für uns, sollte man ja auch nicht allzu viel erwarten. Die Alternative irgendwo frei zu stehen ergab sich auch nicht immer. Gefreut haben wir uns dann, wenn sich ein Campingplatzbesitzer mit der Gestaltung seines Platzes etwas Besonderes einfallen ließ, ob z.B. unter Plamen oder Kirschbäumen.