Irak 2024/2025
Autoren: Anke und Joachim
Datum: November 2024
Der Süden – Basra
Zwischen dem letzten Check Point der Grenze Iran – Irak, an dem wir noch Papiere abgeben haben und der dreispurigen Autobahn liegt noch ein 50 Meter langes, von den schweren LKWs völlig zerfurchtes Stück Wüste. So passend zur ganzen Grenzabfertigung des Irak. Jetzt aber Richtung Basra und nach einer halben Stunde Fahrt überqueren wir auf einer Brücke hoch über dem Shatt al-Arab (Fluss der aus Euphrat und Tigris entstanden ist und südlich von Basra ins Meer mündet) die Stadtgrenze und sehen schon auf der rechten Seite die Corniche. Eine breite Flaniermeile die sich am Wasser entlang zieht.
Das vorab gebuchte Hotel finden wir auf Anhieb, parken den ULG auf dem bewachten Hotelparkplatz, packen die wenigen Sachen ein, die wir für die eine Nacht benötigen und kommen nach einer Sicherheitsschleuse, in einer prachtvollen Lobby eines 5 Sterne Hotels an. Check-in ist schnell erledigt, mit dem Lift nach oben und dann aufs Zimmer. Schneller Blick ins Bad. Die Dusche sieht sehr gut aus. Jetzt, nach drei Wochen auf Reise, duschen wir lange und ausgiebig. Nicht dass wir im ULG nicht auch duschen, aber die Wasservorräte müssen wir schon einteilen. Kurzes Nickerchen und die Anspannung der Grenze fällt ab.
Zum Spätnachmittag laufen wir die paar Meter vom Hotel zur Corniche und mischen uns unter die Bewohner Basras. Ein schwer zu beschreibendes Gefühl von Freiheit kommt auf. Der Iran mit seinen so unglaublich herzlichen und offenen Menschen liegt hinter uns, aber auch ein schwer einzuschätzendes Regime, welches in den letzten Tagen seit dem Angriff Israels weiterhin Kriegsrhetorik verbreitet. Die flanierenden Menschen schauen etwas verstohlen zu uns herüber, hin und wieder ein kurzes Lächeln von Frauen und Mädchen Richtung Anke. Dann kommt es doch zu einem kurzen Gespräch. Was uns auch gleich auffällt. Die Frauen tragen Hidschab, einige wenige den Tschador und einige Frauen tragen gar keine Bedeckung der Haare. Auch dies für uns ein Zeichen von Freiheit und ohne eine staatliche Reglementierung wie im Iran. Nach Sonnenuntergang sind wir wieder im Hotel, nutzen nochmal die Dusche und treffen uns mit Thea und Nick im Roof Top Restaurant zum Abendessen. Die Aussicht auf die Stadt und die Brücke über den Shatt al-Arab ist toll und das arabische Essen grandios. Ein toller Abschluss eines aufregenden Tages.
Das Marsch-Land
Am kommenden Tag fahren wir mit den beiden Sprintern Richtung Norden. Wir wollen eine Bootsfahrt in den Sümpfen zwischen Euphrat und Tigris unternehmen, die mittlerweile auch UNESCO Weltkulturerbe sind. Durch Basra führt die Straße durch ein Viertel, in dem am Freitagmorgen Markt-Tag ist. Ein ganz anderes Bild von Basra, als an der neuen, doch sehr modernen Corniche in der Stadtmitte. Hier ist der Unterschied von Reich und Arm sehr groß, so etwas haben wir im Iran nicht gesehen. An der Stadtaußengrenze dann noch sehr einfach Behausungen, die uns an Slums erinnern.
Die Strecke ist mit 120 Kilometer nicht allzu weit. Von den vielen Check Points von Armee, Polizei, Nationalgarde und wer sonst noch eine Uniform trägt, hatten wir gelesen und von mitunter zeitraubenden Prozedere. Dass wir aber sieben Kontrollen passieren werden, überrascht uns dann doch. Wir halten an, wie alle anderen auch, werden dann zur Seite gewunken, Pässe und Visa werden geprüft und mitunter haben die Uniformträger einfach nur Neugier und wollen ins Auto schauen. Nun denn, wir haben es heute nicht eilig. Am frühen Nachmittag kommen wir am Mausoleum für die Märtyrer der Marsch-Araber an, wo wir über Nacht bleiben wollen. Hier beginnen die Bootstouren in die Sümpfe und kaum angekommen werden wir von den Bootsführern bestürmt und Joachim klärt gleich Fahrtdauer und Preis. So haben wir erstmal Ruhe, werden in den umzäunten Bereich des Mausoleums vorgelassen und parken die beiden Sprinter dort. Zu unserer Überraschung sind wir bei weitem nicht die einzigen, die hier eine Bootsfahrt machen wollen. Heute ist zudem Freitag und es herrscht richtig Betrieb auf dem Wasser. Viele Familien haben Picknick dabei, einige machen live Musik und so nimmt die Fahrt auf dem Wasser einen ganz anderen Charakter an, als gedacht. Wir Vier fallen als einzige nicht Iraker auf und so richtet sich die Aufmerksamkeit auf uns. Wir grüßen zurück, schreien Antworten in den Lärm der Außenborder und schauen vergnügt in die gezückten Smartphone Kameras der Iraker. Ursprünglich dachten wir, dass wir mehr oder weniger alleine durch die Kanäle der Sümpfe schippern und in Ruhe Vögel beobachten können. Aber auch gut so.
Zurück am Mausoleum wenden wir uns diesem zu. Erbaut als Gedenkstätte für die hier einst lebenden Marsch-Araber, die von Saddam Hussein verfolgt, vertrieben und auch getötet wurden. Sie hatten 1991 zum letzten Mal versucht sich gegen seine Herrschaft aufzulehnen und wurden fast ausgelöscht. Auch und vor allem durch die Zerstörung des riesigen Sumpfgebiets in dem sie Landwirtschaft betreiben konnten. Saddam Hussein ließ riesige Dämme errichten, die das Wasser von Euphrat und Tigris an den Sümpfen vorbeifließen ließ und so wurde die Lebensgrundlage zu 90% zerstört. Die Sümpfe trockneten aus und versalzten. Seit 2003 fließt wieder Wasser in das riesige Gebiet, aber bis die Natur sich regeneriert hat wird es noch Jahre dauern. Seit 2016 ist das Marschland zudem zum UNESCO Weltkulturerbe dazugekommen. Die Folgen der letzten 40 Jahre können wir sehen. Die Bewohner leben äußerts einfach, am Rande der Armut. Mitunter nur in Schilfhütten oder in ganz einfachen Ziegelhäusern. Die unglaublich vielen Kinder laufen mit zerschlissener Kleidung umher und nirgends ein Stück asphaltierte Fläche zwischen den Häusern. Dazu kommt der unglaublich viele Plastikmüll. Kein Fleckchen Erde auf dem nicht eine Plastikflasche oder Plastiktüte liegt.
Um 18:00 ist die Sonne untergangen, die Tagestouristen sind abgefahren und wir sehen einer ruhigen Nacht entgegen. Zwar kläffen ein paar Hunde in der Nacht, das war`s dann auch schon.
Grenze Irak – Kuwait
Nach einem kurzen Frühstück machen wir uns auf den Weg Richtung Kuwait. Da wir die Autobahn nehmen müssen wir nur wenige Check Points passieren und wir stellen fest, dass die Kontrollen, wenn Nick und Thea als erste ankommen deutlich schneller gehen. Es scheint, dass „Baba Nick“ hier als Senior mit 77 Jahren, bevorzugt behandelt wird. Anke und Joachim werden dann auch gleich mit durchgewunken. An Basra geht es auf guten Straßen zügig vorbei und so sind wir gegen 11:00 an der Grenze vom Irak nach Kuwait. Im Internet kursieren wilde Geschichten über die lange Abfertigungsdauer und so wappnen wir uns mit Geduld. War gar nicht nötig. Mithilfe eines Agenten sind wir Vier und die beiden Sprinter in einer Stunde ausgereist. Auch die Visaerteilung der Kuwaits geht flott. Allerdings werden Fingerabdrücke aller zehn Finger genommen gefolgt von einem Iris Augen Scan. Also weiter zum Zoll und hier brauchten wir dann die Geduld. So schlecht organisiert, so inkompetent. Wir können es kaum glauben und die Zöllner rauben uns fast den letzten Nerv. Es geht zwei Stunden von einem Büro ins nächste, viele Papiere werden ausfüllen. Daten in einen Computer eingegeben. Und als Abschluss müssen die Autos auch noch zum Röntgen fahren. Das Beste kommt aber zum Schluss. Kurz bevor wir die Grenzanlagen verlassen können, steht ein Uniformierter am Rand des Fahrwegs und auf der Uniformweste steht in Großbuchstaben: CHECKER. Der braucht noch den Durchschlag der Rechnung für das Autoröntgen. Soll er haben. Erleichtert nehmen wir die ersten Kilometer Kuwait auf einer vierspurigen Straße in Angriff und freuen uns hier zu sein.