Iran 2024
Autoren: Anke + Joachim
Anreise Iran durch Armenien
Familie und Freunde sind verabschiedet. Haus, Hof und Garten sind für die kommenden Monate vorbereitet. Wir haben noch knapp 50 Kilogramm an allem Nötigen und Möglichen eingepackt und warten auf das Taxi. Das kommt pünktlich und fährt uns nach Ulm auf den Bahnhof. Bis zum Flughafen München sind wir planmäßig mit der Bahn unterwegs. Gepäck eingecheckt und langsam verlässt uns die Spannung der letzten Tage, die mit vielen Vorbereitung und Vorkehrungen angefüllt waren. Im Flugzeug dösen wir vor uns hin und sind dann gefühlt auch gleich in Eriwan am Flughafen. Der Fahrer wartet mit einem handgeschriebenen Zettel auf uns. Wir kennen uns noch von der Hinfahrt im August. Er holt seinen 30 Jahren alten 190er Benz und raus aus der tiefnächtlichen Stadt und rauf in die Berge zum 3Gs Camping. Sandra empfängt uns, eine herzliche Umarmung, zeigt uns unser Zimmer für die restliche Nacht und um fünf Uhr in der Früh sind wir im Bett. Das Frühstück ist dann auch eher ein Mittagessen. Das Wetter grauslich. Es regnet, die Berge stecken in Wolken und 10 Grad sind auch nicht gerade angenehm. Wir holen den ULG aus der Halle, parken geschickt und können so, trotz strömenden Regen, gut die 50 Kilogramm im Auto verteilen.
Da das Wetter die kommenden Tage regnerisch bleibt, entscheiden wir am kommenden Tag, unsere erst vor vier Tagen erteilten Iran Visa, auf der Botschaft in Eriwan abzuholen. Das geht in einer halben Stunde und wir sind so erleichtert. Jetzt kann die Reise, wie von uns vorgesehen, auch los gehen. Noch in einem Supermarkt die Vorräte aufgefüllt und dann nach Süden auf bekannter Strecke. Im Herbst hat die Landschaft natürlich einen anderen Charakter als im Hochsommer. Das Licht milder, die Farben der Bäume und Sträucher herbstlich angehaucht.
Wir kommen gut voran, erreichen die Grenzstadt Meghri und parken fast direkt am Grenzzaun mit Blick auf den Fluss der Armenien und den Iran trennt. Zuvor besichtigen wir noch ein Kleinod. Die Johannes Kirche ganz am Rand der Kleinstadt. Restauriert mit Geld vom amerikanischen Botschafter, wie so oft in Armenien. Der ganze Innenraum ist prächtig ausgemalt mit Szenen aus der Bibel und der Stil zeigt deutlich die Handschrift des persischen Künstlers der hier den Auftrag eines christlichen Herrschers ausführte.
Der Tag an der Grenze Armenien – Iran
Um 9:00 Uhr stehen wir am Gate und der erste Offizielle kann sich nicht so recht entscheiden was nun. Reinfahren in den umzäunten Bereich, oder doch besser stehen bleiben, oder nur ein Stück vorwärts. Nach ein, zwei Minuten ist entschieden, wir fahren rein und zwar bis zur Pass- und Fahrzeugkontrolle, was ungefähr einem knappen Kilometer entspricht. Um uns herum stehen LKW, einer am anderen. Und unzählige warten vor dem Gate. Wir steigen gerade aus, da kommen noch zwei Overlander angefahren. Ein Steyr und ein Landcruiser. Also machen wir die Einreise im Dreierpack. Auf der armenischen Seite geht es recht zügig voran. Nach einer Stunde, ausgefüllt mit Passkontrolle, Fahrzeuge austragen und letztem Check Point, werden wir auf die Grenzbrücke vorgelassen. Vor der Brücke reger Baustellenverkehr, weil auf armenischer Seite die Grenzanlagen komplett neu gebaut werden, bezahlt von der Europäischen Union. Dort warten wir eine gute Stunde bis ein iranischer Offizieller uns winkt, wir sollen die Lkw Spur verlassen und nach vorne fahren. Jetzt geht es recht zügig voran. Passkontrolle, Visa abstempeln, Carnet de Passage (Zollpapier für den ULG) abstempeln. Dazu werden etliche Kopien gemacht, mit Büroklammern zusammengefügt und zusätzlich werden alle Daten des Fahrzeugs und Halters in ein riesiges Buch handschriftlich eingetragen. Danach noch 20 Minuten warten bis die LKW vor uns die Parkgebühr von 2,30 Euro bezahlt haben und die Spur raus aus dem Grenzbereich freigeben. Nach gut dreieinhalb Stunden sind wir alle durch und sind im Iran! Das hatten wir uns bis vor gut einer Woche noch gar nicht vorstellen können.
Die Fahrt geht für die ersten 70 Kilometer entlang des Grenzflusses. Erst noch Grenze mit Armenien und dann Nachitschewan, eine autonome Republik, die zu Aserbeidschan gehört, bevor unser Weg dann 90 Grad abknickt und nach Süden führt. Die Berglandschaft auf beiden Seiten des Flusses beeindruckend. Schroff die Felsen, steil aufragend und das Gestein in verschiedenen Farben in der Herbstsonne leuchtend.
Die weitere Strecke in die Stadt Khoy ist dafür recht eintönig. Weite flache Landschaft, die Felder abgeerntet. Die Städte und Dörfer durch die wir fahren wenig ansehnlich. Und was uns gleich auffällt. Überall liegt Plastikmüll. Am Straßenrand, auf den Feldern und in den Städten eigentlich fast überall. Ein Anblick zum Verzweifeln, an den wir uns aber wohl gewöhnen werden müssen. Am Spätnachmittag erreichen wir dann Khoy, fahren zum Mellat Park und parken, wie die anderen Overlander, unseren ULG mit Blick in den Park. Zeit für ein Tasse Tee und die heutigen Erlebnisse sacken lassen.
Der Grund warum fast alle Overlander nach Khoy fahren ist ein junger Mann: Erfan. Er hat sich in den letzten Jahren ein lokales Netzwerk aufgebaut mit dem er den Reisenden den Einstieg in den Iran sehr erleichtert. Es geht um`s Diesel tanken, dazu später mehr, eine lokale SIM Karte zu kaufen und freizuschalten und um die KFZ Versicherung abzuschließen. Und zum guten Schluß auch noch Geld zu tauschen. Bedingt durch die Sanktionen funktionieren im Iran keine Kreditkarten, wie Visa oder Mastercard. Zwischen all den Besorgungen, in unserem Fall für vier Overlander (8 Personen), erhalten wir noch eine Stadtführung, traditionelles Mittagessen und jede Menge Information. So vergeht der Tag in Khoy wie im Flug und wir sind erst um 23:00 im Bett.
Am folgenden Tag ist dann alles beieinander, sodass wir losfahren können und wollen. Das Wetter verspricht Regen, Wolken und gerade mal acht Grad. Auch an unserem angepeilten Übernachtungsplatz wird es wohl kalt und regnerisch. Aber bis dahin haben wir noch den Urmia See auf der Strecke. Der See war einst zehn Mal so groß wie der Bodensee, heute aber nur noch ein Bruchteil davon und das übrige Wasser ist extrem salzhaltig und entsprechend Lebensfeindlich. Eine von Menschen über Jahre gemachte ökologische Katastrophe durch Übernutzung der natürlichen Wasserressourcen. Die Welt kennt den Aral See aber den Urmia See? Die Regierung hat das Problem erkannt, will aber kein Geld zu Rettung des Sees zur Verfügung stellen. Die Dämmerung beginnt um 17:30 und um 18:00 ist es dunkel. So biegen wir von der vierspurigen Bundesstraße ab und fahren acht Kilometer bis wir das Seeufer in stockdunkler Nacht erreichen, von dem aber praktisch nichts zu erkennen ist. Kaum dass wir stehen beginnt es zu stürmen und zu regnen. Der ULG wird hin und wieder von einer Böe geschüttelt, wir sind aber recht müde und gehen früh schlafen. Der nächste Morgen dann bei Sonnenschein, jetzt erkennen wir wo wir genau stehen. Zu Fuß machen wir uns auf den Weg an das Seeufer und können sehen wieviel Meter Seespiegel verloren gegangen sind.
Diesel tanken im Iran
Das Tolle am Diesel tanken ist der Preis: 0,08 € pro Liter. Die Schwierigkeit ist aber welchen zu bekommen. Da der Diesel subventioniert ist, ist er auch rationiert und zwar auf 100 Liter am Tag. Um die 100 Liter tanken zu können braucht es allerdings eine Magnetkarte in der Größe einer Kreditkarte. Nur mit dieser gibt es Diesel. Ohne Karte halt nicht, oder eben doch. Etliche Tankstellen haben wohl eigene Kontingente, die sie verkaufen können, aber nicht müssen. Zweite Möglichkeit: Ein LKW der gerade tankt gibt ein paar Liter ab. LKW haben oftmals mehrere Karten, weil mit 100 Liter kommen die Sattelschlepper in der bergigen Landschaft nicht weit. Wir hatten immer Glück und haben zwischen 35 und 25 Liter bei den angefahrenen Tankstellen Diesel erhalten. Nachtteil ist allerdings die Qualität des Diesels, vor allem der mutmaßlich hohe Schwefelgehalt.
Die Weiterfahrt nach Süden
Bedingt durch die politischen und militärischen Schwierigkeiten zwischen dem Iran und Israel ist unsere Entscheidung entlang der westlichen Grenze des Iran nach Süden zu fahren, um vor der Präsidentschaftswahl in den USA Kuwait zu erreichen. Nach dem Spaziergang zum Seeufer fahren wir zurück zur Bundesstraße und weiter Richtung Süden. Der Asphalt ist an vielen Stellen aufgebrochen, notdürftig geflickt und die Fahrbahn ist insgesamt rummpelig zu fahren. Der viele LKW Verkehr setzt den Straßen einfach zu und die LKW sind mitunter sicherlich schwerer, als die bei uns üblichen 40 Tonnen. Am Horizont zeichnet sich das Zagros Gebirge ab, und damit kommen wir auch die Provinz Kurdistan. In den kleinen Städten und Dörfer die wir durchfahren ist deutlich zu sehen, hier ist Kurdistan. Die Männer tragen Pluderhosen und die Frauen, soweit wir sie sehen, eher eine traditionelle Tracht. Auf unserem Weg geht es jetzt einen Paß hinauf und oben auf 2.300 Meter angekommen sehen wir am Horizont die verschneiten Gipfel des Zagros Gebriges mit den Spitzen bis auf über 3.000 Metern. Anstatt dass es nach dem Pass wieder bergab geht, fahren wir immer gut auf 2.000 Metern über ein weites Hochplateau. Auch hier sind die Getreidefelder längst abgeerntet. Die Häuser in den Weilern am Wegesrand einfach, unverputzte Ziegelsteine und die Dächer mit dicker Aluminium Bitumen Folie gegen die Winterkälte isoliert. Ein sehr einfaches und wohl entbehrungsreiches Leben. Am schwersten haben es aber sicherlich die Nomaden, die wir vom Auto aus sehen, die mitunter auch noch in Zelten leben und ihre großen Schaf und Ziegenherden direkt daneben in einer Umzäunung über Nacht zusammentreiben.
Nach etlichen Kilometern geht es dann leicht bergab in die Stadt Sanandaj, die uns mit einem grandiosen Verkehrschaos empfängt. Wir stehen mehr als wir fahren und den Parkplatz den wir für die Nacht nutzen wollen schließt um 20:00 Uhr. Unser Plan B: Auch hier gibt es einen Mellat Park. Und der ist für uns genau das richtige. Ruhig gelegen, nur ein paar Schritte zu Restaurants und Bars und zu einem Shopping-Center. Auf dem Weg dorthin fallen uns die vielen jungen Menschen auf und ganz besonders die Frauen, die fast ausnahmslos ohne Kopftuch unterwegs sind. Im Food-Court des Shopping-Centers setzten wir uns an einen Tisch dazu. Zu einer 25 Jahre alte Psychologie Studentin mit ihrem Vater. Sie spricht ganz ordentlich Englisch und so erfahren wir, dass Sanandaj Studentenstadt ist und zudem ist hier Kurdistan. Sie Kurdin und nicht Iranerin und die erste Sprache ist auch Kurdisch. Auf dem Rückweg zum Auto sehen wir dann allerdings auch die vom Regime ausgehende Überwachung des Kopftuchgebot. Junge Männer mit Schlagstock in schwarzer Kleidung auf kleinen Motorrädern. Dazu ein Polizeiauto mit rundum Kameraüberwachung und sicherlich Gesichtserkennung. Wir gehen zügig daran vorbei.
Der nächste Tag ist mit Stadtbummel und Sightseeing ausgefüllt. Wir besichtigen eine sogenannte Mansion, die vom Reichtum der einstigen Clanführer in diesem Teil Kurdistans Zeugnis ablegt. Ein elegantes Badehaus, große repräsentative Räume und eine große Küche, sodass erkennbar ist, der Hausherr war reich. Danach dann zum Basar. Wie immer lohnt der Gang. Jeder langestreckte Gang, jede Ecke neue Eindrücke, neue Gerüche. Wir lassen uns treiben, kaufen Obst und Gemüse ein und zum guten Schluß gibt es einen dünnen Pfannkuchen, angepinselt mit Speiseöl und eingebackenen Kräutern.
Am Spätnachmittag erreichen wir bei Kermanshah das Felsenrelief Taq-e-Bostan (3. Jh. n. Chr.). Das erste von etlichen UNESCO Weltkulturerbe auf unserer Reise nach Süden. Es sind drei Reliefe, zwei davon in eine bogenrunde Höhle geschlagen. Ein Relief an einer glatten Wand. Sie zeigen den Ruhm der Sassanidenkönige und deren göttliche Macht.
Zum Übernachten fahren wir in den angrenzenden Park und stellen uns etwas abseits, um einer Lieblingsbeschäftigung der Iraner aus dem Weg zu gehen. „Cruising im Park“, am besten mit lauter Musik im Auto. Und gerne dann auf unserer Höhe auch noch Gas geben, damit sichergestellt ist, dass wir sie auch bemerken. Unsere Reaktion ist Schulterzucken und Schmunzeln. Ändern können wir es ja auch nicht. Gegen 23:00 ist dann aber in der Regel Schluss und es wird ruhig.
Keine 40 Kilometer weiter das Felsenrelief von Darios dem Großen, ebenfalls UNESCO Weltkulturerbe. Weit oben in eine Felswand gemeißelt ist es leider nicht zugänglich aufgrund von Restaurierung. Wir haben unser Fernglas dabei und können so einigermaßen sehen was abgebildet ist. Darios siegreich aus einer Schlacht hervorgegangen, der unterlegene Herrscher am Boden und seine Armee versklavt. Dazu der genaue Hergang in den drei verschiedenen Sprachen die damals in dieser Gegend üblich waren. Über der ganzen Szene eine sehr ägyptisch anmutende Gestalt mit Vogelschwingen und Adlergesicht. Und in der Tat, Darios hatte als Vizekönig an einem Feldzug nach Ägypten teilgenommen, bevor er Herrscher über Persien wurde. In Ägypten ließ er dann zu Lebzeiten noch eine 2,80 Meter hohe Statue seiner selbst aufstellen, zum Zeichen seines Machtanspruchs. Wie verflochten die Welt im Altertum schon war, wird am Zugang zu diesem Gelände deutlich. Gut drei Meter oberhalb des Grunds fläzt ein in den Stein gemeißelter griechischer Halbgott in liegender Pose nackt auf einem Podest. Umgeben von Weinranken. Es ist Herkules. Weniger sinnenfreudige Genossen haben allerdings seine Männlichkeit entfernt und die Weinranken ebenfalls dezimiert. Da der Kopf auch schon drei Mal abgeschlagen wurde, ist der Herkules jetzt eine reduzierte Nachbildung.
Unser nächstes Ziel ist die Stadt Khorramabad. Dort wollen wir die mitten in der Stadt auf einem Hügel thronende besichtigen. Wir fahren zum in Google Maps angegebenen Parkplatz, der aber dummerweise geschlossen ist. Joachim parkt in zweiter Reihe und auch gleich läuft ein Iraner auf uns zu und weist auf eine Hofeinfahrt. Wohl ein Parkplatz im Hinterhof. Nicht groß, aber groß genug für unseren ULG. Die gesamte Anlage um die Festung herum ist frisch renoviert und wir schlendern gemütlich zur Zitadelle hinauf. In den Räumen befindet sich ein schönes Museum zu Geschichte und Kultur der Kurden. Leider sind die Aufgänge zu den beiden Türmen versperrt, sodass der weitschweifende Blick über die Stadt ausfällt.
Wieder unten auf der Straße noch ein Abstecher in den Basar. Dort ein kleiner Friseurladen und der Meister hat gerade nichts zu tun. Also rein, Joachim nimmt Platz, kurz die finale Haarlänge besprochen und los gehts. Die weitere Verständigung mit Händen und Füßen. Wir erfahren, dass sowohl seine Tochter, als auch der Sohn beide Ärzte sind und er mächtig stolz. Auch das ist der Iran, wo die Kinder eines kleinen Friseurs in einer Provinzstadt Ärzte werden können. Nach gut 20 Minuten ist das Werk vollbracht. Die Frisur sitzt, wir laufen durch eine Gasse zum ULG zurück. Auf dem Weg liegt eine Bäckerei und wir brauchen noch Brot und stellen uns an. Anke bei den Frauen links und ich bei den Männern rechts. Mal sehen wo es schneller geht. Da ruft einer der Männer vor Joachim den Namen Mohamad in die Backstube, wohl der Bäcker und ruckzuck habe ich ein wunderbar frisches Brot in der Hand und mit Gesten wird bedeutet: „Alles gut, ihr könnt gehen“. Das frische noch heiße Brot ist geschenkt und super lecker.
Unser letztes großes Ziel im Iran ist die Gegend um die Stadt Dezful. Drei UNESCO Weltkulturerbestätten liegen hier dicht beieinander. Am späten Nachmittag erreichen wir die Stadt und parken am Alikaleh Park, welcher direkt am schnell strömenden Fluss Dez liegt. Auch die Einwohner von Dezful wissen den Park zu schätzen und so sehen wir etliche Familien, die im Schatten der Bäume ihre Decken ausbreiten und gemeinsam Tee trinken, Shisha rauchen und nach Einbruch der Dunkelheit an den vorgesehenen Grillstellen ihre Spieße grillen. Wir werden begrüßt und wie immer gefragt nach dem woher und wohin, leider spricht kaum jemand mehr als gebrochenes Englisch. Und wie so oft in den letzten Tagen werden wir auch hier wieder mit Obst und Essen überreichlich beschenkt. Im Gegenzug reicht es dann, wenn wir uns für ein paar gemeinsame Fotos aufstellen.
Am Morgen fahren wir in die Stadt, parken hinter der großen Moschee, können von dort gleich in den Basar eintauchen, schlängeln uns durch die kleinen Gassen und laufen zum Fluß hinunter. Inmitten des Flusses finden sich noch die Überreste der mit Wasser angetriebenen Getreidemühlen. Leider alles ein bisschen verwahrlost und wenig anschaulich. Da zieht es uns dann doch wieder in den Basar. Für ein Mittagessen ist eigentlich noch zu früh, aber der Duft der Fleischspieße der durch diesen Teil des Basars zieht macht uns hungrig und so nehmen wir Platz im kleinen Restaurant. Warten ein paar Minuten und dann werden die Spieße, das Brot und die gegrillten Tomaten serviert. Hier gibt es noch eine kleine Plastiktüte dazu, in der sich frische Kräuter finden. Alles zusammen ein sehr schmackhaftes Erlebnis. Im Basar kaufen wir uns dann noch einen einfachen Teppich für den ULG, der persisches Flair in die gute Stube bringt.
Zum Abschluss der Stadtbesichtigung noch in die große Moschee. Männer und Frauen getrennt und Anke wird von diversen Frauen gleich in Beschlag genommen. Wieder ein paar Foto´s hin und her, eine Umarmung und ein paar Küsse. Die Iraner sind so überaus herzlich und liebenswürdig.
So angefüllt mit Erlebnissen beschließen wir noch eine Nacht in Dezful zu bleiben, fahren wieder in den Alikaleh Park und lassen den Nachmittag mit frisch gebrühtem Minztee und Datteln an uns vorüberziehen.
Mit frischer Energie machen wir uns am nächsten Morgen auf, um in Shushtar das „hydraulische System“ zu besichtigen. Um Getreidemühlen zu betreiben, wurde ein Fluss aufgestaut, Kanäle in den Felsen geschlagen und über verschiedene Zuführungen Wasser auf die Mühlräder geleitet. Verschiedene Großfamilien besaßen ihre eigenen Mühlen, was auf den Reichtum und Bedeutung schließen lässt. Wie so oft sind wir die einzigen, die hier das UNESCO Weltkulturerbe besichtigen. Da der Fluss in einen Canyon abfließt haben wir von oben einen tollen Blick auf die Anlage.
Wir übernachten in einem Park am Fluss und werden mal wieder besucht und beschenkt. Diesmal mit Honig und der Imker hat seine Tochter zur Übersetzung mitgebracht, aber leider reicht es nicht über das übliche „woher“, „wohin“ und den Austausch unserer Namen.
Einige Kilometer südlich steuern wir dann das Zikkurat von Tschoga Zanbil an. Es handelt sich in erster Linie um eine Stufenpyramide die aus gebrannten Lehmziegeln errichtet wurde. Die Basis hat eine Kantenlänge von 109 Metern und die Höhe beträgt 53 Meter. Gebaut im 13. Jahrhundert v. Chr., ist heute nicht überliefert, was die Menschen damals genau mit der Pyramide im Sinn hatten. Umgeben ist sie von zwei mehreren Kilometer langen Umfassungsmauern, sodass wir eine Ahnung bekommen wie viele Menschen dereinst hier gelebt und gearbeitet haben müssen. Obwohl die Gegend auf den ersten Blick wüstenhaft erscheint, fließen zwei große Flüsse in unmittelbarer Nähe vorbei. 600 v. Chr. wurde die Stadt von Assyrern zerstört und erst wieder 1953 vom Flugzeug von Ölprospektoren „entdeckt“. Und wieder können wir alleine durch die Anlage laufen und stauen. Am Nachmittag wollen wir das dazugehörige Museum besuchen, aber leider geschlossen. Seis drum. Wir können am Museum parken und richten uns auf eine ruhige Nacht ein. Gegen 20:00 Uhr beginnt in geschätzt zwei Kilometer Entfernung eine Party von der wir die Musik gut hören können und auch das kleine aber feine Feuerwerk sehen können. Ein live DJ gibt den Takt vor und heizt die Stimmung an. Auch eine Facette des Iran. Wir nehmen die Oropax und schlafen nach einem weiteren ereignisreichen Tag tief und fest.
Zum Frühstück bekommen wir Besuch von einer größeren Frauengruppe die sich hier am Museum trifft, um aus Schilfgras Körbe und Teller zu flechten. Auch hier „wer sind wir“ und „wohin und woher“. Am wichtigsten sind aber die Fotos. Mehrere Handys werden herumgereicht und auf den Fotos zeigt sich eines ganz deutlich. Der schwarze Tschador der iranischen Frauen ist in weiten Teilen der Gesellschaft keine gesetzliche Vorschrift, sondern eine religiöse und kulturelle Vorgabe. Anke mit ihren blonden Haaren ohne Kopftuch zwischen den Frauen ist schon ein besonderer Anblick an dem sich keine einzige der Frauen gestört hat. Und ihre Männer die sie hierher gefahren haben auch nicht. Zum Glück beginnt dann irgendwann der Kurs und wir können einpacken und in den Tag aufbrechen.
Als letzter kulturelle Höhepunkt die Stadt Shush oder auf Arabisch Susa. Denn wir sind schon im arabischen Teil des Iran angelangt. Leider hat auch hier das Museum geschlossen. Also besichtigen wir die über der Stadt thronende Burg, die von Franzosen wieder aufgebaut wurde, um in Ruhe die gegenüberliegenden Reste des Palastes von Darios dem Großen auszugraben. Die lokale Bevölkerung war Mitte des 20. Jahrhunderts nicht gut auf die französischen Archäologen zu sprechen. Vom Palast ist bis auf die Grundmauern nicht viel mehr übrig. Von der riesigen Thronhalle mit gut 40 x 40 Meter Grundfläche sehen wir nur noch die Fundamente der Säulen. Die mit einem Durchmesser von gut 1,20 Meter und laut einer Beschriftung 23 Meter hoch. Zu sehen gibt es aber noch ein Säulenkapitel mit Pferdeköpfen und dazwischen Platz für Holzbalken die das Dach getragen haben. Wie die Menschen vor 2.500 Jahren wohl die tonnenschweren Blöcke übereinandergesetzt haben? Von der riesigen, den Palast umgebenden Stadt, ist praktisch nur noch eine Ahnung vorhanden. Lehmziegel halten nicht ewig.
Ein weiteres Highlight in Shush ist das Mausoleum des heiligen Propheten Daniel. Es gilt vielen Schiiten als viertheiligste Pilgerstätte im Iran. Begraben ist hier ein Sohn des siebten Imans der Schiiten und damit direkter Nachfahre von Mohamed dem Propheten und Religionsgründer. Anke muss einen Tschador für die Besichtigung tragen und eine Angestellte der Moschee hilft ihr dabei die Kleidung passend zu tragen. Diese Frau nimmt uns dann mit in das Untergeschoss der Moschee, schließt zwei Türen auf und wir stehen in einem grünen schimmernden Raum tatsächlich am Grab des Heiligen. Was für eine Ehre für uns.
Die Grenze Iran – Irak
Die Fahrt von Shush zieht sich doch etwas. An der Millionen Stadt Ahwas geht es trotz „rush hour“ einigermaßen zügig vorbei und hinter der Stadt beginnt dann die Wüste. Die Straße ist nun nur noch einspurig und der LKW-Verkehr hat merklich abgenommen. Es geht schnurgeradeaus Richtung Süden und die Sonne versinkt langsam im Westen. Die enorme Luftverschmutzung durch die vielen petrochemischen Anlagen färbt die Sonne intensiv dunkelrot.
Als es dann dunkel ist können wir die vielen Gasfackeln der Ölförderung links und rechts der Straße deutlich sehen. Ganz im Süden in Khorramshar angekommen halten uns zwei junge Polizisten am monumentalen Stadttor an. Wie so oft, geht es nur um woher wir kommen, wo wir hinfahren, ob wir Bayern „Munich“ gut finden, und ob uns der Iran gefällt. Dann kurzes Händeschütteln und Good Bye. Für uns sind es jetzt noch 25 Kilometer bis zur Grenze. Angekommen werden wir gebeten in den umzäunten Bereich zu fahren, stellen uns dort ganz an den Rand und werden auch gleich von einem Zollmitarbeiter begrüßt, der uns ein paar leckere Äpfel schenkt. Mit uns steht noch ein holländisches Ehepaar mit ihrem Sprinter hier und so verabreden wir uns für morgen 8:30 gemeinsam den Weg durch den Zolldschungel anzugehen.
Die Ausreise für die beiden Sprinter auf der iranischen Seite ist in knapp einer halben Stunde erledigt. Auch die Ausreise aus dem Iran für uns Vier geht zügig. Dazu gehen wir einige hundert Meter zu Fuß zu einer riesigen Halle wo auch die iranischen, beziehungsweise irakischen Reisenden, ihre Ausreise erledigen. Hier brauchen wir mit Fußweg hin und zurück auch eine gute halbe Stunde. Dann mit den Sprintern Richtung Irak. Noch ein letzter Check der Iraner und wir fahren auf einen riesigen LKW-Parkplatz und kurven auf der Suche nach einem Durchgang zwischen den Betonabsperrungen ein paar Minuten umher, bis wir den gerade mal 2,50 Meter breiten Durchgang finden. Auf Schotter und Sand nun Richtung des ersten irakischen Check Points. Sprinter abstellen und ein Iraker in Militäruniform nimmt ein paar Daten von uns auf, die er in einen Computer eingibt. Der will auch noch ins Auto schauen. Warum auch immer. Dann zeigt er uns den Weg zum Büro, wo die Visa erteilt werden. Wir schlängeln uns auf einem 50 Zentimeter breiten Durchgang entlang eines mit Stacheldraht bewehrten Gitters durch, dann kurz links rum, über etwas Geröll, den Müll nicht beachtend und dann hinein in einen runtergekommenen Container. Dort sitzt hinter einem kleinen in die Jahre gekommenen Schreibtisch ein in akkurater, sauberer, blauer Uniform Visa Beamter. Wir füllen den Antrag aus, alles geht seinen Gang. Braucht aber auch 45 Minuten. An der Wand ein Poster mit verschieden Visa-Optionen. Wir wollen ein Visum für 6 Monate und mehrmalige Einreise welches 100 USD kostet – pro Person. Wir legen die beiden Scheine auf den Tisch, die dann sogleich in einer Schublade verschwinden. Während der Prozedur kommt dann einer in brauner Uniform dazu, schnappt sich die 200 USD und verschwindet. Komisch. Nun gut, wir sehen ja dass unsere Visa ausgefüllt und gestempelt werden. Als wir die Pässe zurückbekommen, sehen wir nur zwei Monate Aufenthaltsdauer und einmalige Einreise. Kurzes Palaver, denn diese Visa kostet „nur“ 75 USD. Da sowohl blaue Uniform als auch braune Uniform praktisch kein Englisch sprechen, macht großartiges Reklamieren keinen Sinn. Wir sind in eine schöne Falle getappt, ohne eine Chance es verhindern zu können oder vorab erkennen zu können. Also weitergeht es. Jetzt aus diesem abgezäunten Bereich mit dem Sprinter zum Zoll. Auch hier aufgebrochener Asphalt, eingetrocknete Motoröllachen, Sand, Steine, Schotter. Es staubt ordentlich. Wir nehmen noch einen Iraner mit, der uns zeigt wo der Zoll sich versteckt. Anders kann es nicht beschrieben werden. In einem von geschätzt hundert verlotterten Containern beginnt dann die zweistündige Prozedur für unseren ULG. Es werden dutzende Kopien erstellt. Ein sogenannter Agent, verlässt den Container, kommt wieder zurück. Dann fahre ich mit ihm zu einer anderen Abfertigungshalle, dort wird unser Gepäck und der Innenraum „untersucht“. Interesse findet ein kleiner roter Klappregenschirm. Dann wieder zurück Richtung zum Zollcontainer. Aber erst noch Warten auf den Drogenhund, der dann auch noch 10 Minuten innen und außen am Auto schnüffelt. Dann wieder warten. Jetzt auf die Kfz-Versicherung. Dann geht es ans Bezahlen. 25 USD für die Versicherung und 25 USD für die Zollbearbeitung. Hier alles korrekt. Vorletzter Schritt. Zu Fuß zum Abstempeln der Visa und damit offizielle Einreise. Dann mit dem ULG noch ein paar hundert Meter zwischen den Containern Richtung Ausgang kurven. Dort kurzer Stopp, einen beim Zoll ausgehändigten Stapel Papier übergeben. Warten, dann ein Pfiff vom Militär und wir sind durch. Hat alles in allem gerade mal fünf Stunden gedauert. Und zum guten Schluss. Keine der vielen Kopien der originalen Dokumente die wir erhalten und wieder abgegeben haben wäre für uns leserlich gewesen. Alles in arabischer Schrift.